Das Massaker in Dili am 12.11.1991 war zweifellos ein einschneidendes Datum für Indonesier und Ost-Timoresen. Indonesier, die bis zu dem Zeitpunkt nichts über Ost-Timor wußten, waren schockiert. Die Videobilder über die Brutalität des Militärs waren überall zu sehen. Auch das malaysische Fernsehen, das in weiten Teilen Indonesiens zu empfangen ist, zeigte die Videoaufnahmen aus Dili und verärgerte damit die indonesische Regierung.
Die diplomatischen Beziehungen beider Länder verschlechterten sich. Ein bekannter Schriftsteller schrieb, Ost-Timor sei wie eine verbrannte Insel gewesen. Der bekannte Menschenrechtler und ehemalige Journalist bei Tempo, Aditjondro, brach sein Schweigen und schrieb wie Tempo in den 70er Jahren den angeblichen Integrationsprozeß manipulierte. Das Institut für Rechtshilfe „Lembaga Bantuan Hukum“ (LBH) erklärte sich bereit, die Verteidigung der Demonstrationsführer von Dili zu übernehmen. Der Integrationsprozeß sei erfolglos geblieben, meinen viele bekannte indonesische Persönlichkeiten.
Das Ereignis von Dili war ein Beweis für die Auferstehung eines neuen Widerstandes durch die junge Generation der Ost-Timoresen, die die indonesische Invasion 1975 noch nicht selbst miterlebt hat. Unter der indonesischen Besatzung wuchsen sie zu einem neuen Menschenschlag heran, der sich von der älteren Generation unterscheidet. Sie sprechen Bahasa Indonesia und zeigen, wenn auch widerwillig, den Einfluß der indonesischen Erziehung. Die meisten leben in den Städten.
Prof. Ben Anderson von der Cornell-University, New York, vergleicht die Situation der Jugend in Ost-Timor mit der Generation der indonesischen Staatsgründer während des holländischen Kolonialismus zu Anfang dieses Jahrhunderts. Die Indonesier betrachten die Ost-Timor-Frage nicht mehr als einen Fall von Auflehnung gegen den Kolonialismus, sondern schlicht als ein internes Problem des Militärs - vergleichbar mit der Sichtweise der argentinischen Junta nach der Invasion der Malvinas (Falkland). Ironischerweise erkennt man eine gewisse Parallelität zu der Zeit als die Holländer gegen die indonesische Befreiungsbewegung kämpften, selbst die Probleme innerhalb des indonesischen Militärs gestatten diesen Vergleich. Prof. William Liddle von der Universität Ohio, USA, schrieb im Oktober 1992 im Journal of Democracy : „Die Politik von Zuckerbrot und Peitsche, der Versuch mit Drohungen und Repressalien gemischt mit Aufbauleistungen zum Ziel zu kommen, erwies sich als erfolglos. Die indonesische Armee sieht sich jetzt mit der mutigen Generation Ost-Timors konfrontiert, die sich für die Unabhängigkeit einsetzen. Die Indonesier betrachten das Problem von Ost-Timor nicht mehr als eine Sache des Nationalismus, nämlich der Verteidigung der nationalen Einheit, sondern als internes Problem des Militärs. Viele indonesische Politiker fühlen sich an die 40er Jahre erinnert, als sie gegen die Holländer kämpften.“
Die Verhaftung des charismatischen Ost-Timoresenführers Xanana Gusmao ähnelte der Verhaftung von Sukarno und Hatta während des Befreiungskampfes in den 40er Jahren, meint Prof. Ben Anderson. „Seine Verhaftung zwingt Indonesien, mit ihm zu verhandeln, wie damals die Holländer“, sagt Anderson. Er weiß auch, daß nach Xananas Verhaftung das amerikanische Außenministerium in Jakarta anrief, um die Indonesier vor weiteren Schritten gegen ihn zu warnen.
Das Streben nach Unabhängigkeit sei trotz der massiven indonesischen
Erziehungsbemühungen zu verstehen, da die indonesische Politik eine
kulturelle Entfremdung erzeugt habe, meint Prof. Mubyarto von der Gajah-Mada
Universität in Jogyakarta. Marie, eine 20 Jahre alte Ost-Timoresin
erklärte: „Ich bin gezwungen, die indonesische Sprache zu lernen.
Ich bin gezwungen auf Bahasa Indonesia zu kommunizieren. Ich verstehe nicht,
warum ich nicht in meiner Sprache, Tetum, sprechen darf. Ich muß
die indonesische Geschichte und nicht die ost-timoresische bzw. portugiesische
Geschichte lernen.“ /Radio Hilversum, Niederlande, 23.12.1992/ <>
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