Japans Ministerpräsident Kiichi Miyazawa reiste eine Woche
lang durch paradiesiesche Gefilde, um zu zeigen, wer der Chef in der Region
ist. Bei seiner achttägigen Exotentour nach Indonesien, Brunei, Malaysia
und Thailand wollte der Regierungschef auf dem wirtschaftlichen „Hinterhof“
vor allem Nippons Führungsanspruch „durchstellen“. Gleichzeitig bestimmte
er im Interesse seiner nationalen Wirtschaft die Haltung Japans zum Integrationsprozeß
der ASEAN-Staaten, die am l. Januar eine gemeinsame Freihandelszone gründeten.
Aber schon zum Auftakt im indonesischen Jakarta hörte Nippons Premier wenig Erfreuliches. Neben Höflichkeitsfloskeln für die japanische Wirtschaftshilfe war auch unüberhörbar von der „Festung Japan“ die Rede und der Druck zu spüren, daß sich Tokio weit redlicher als bisher um die Belange Asiens kümmern müsse, wenn es seinem Führungsanspruch gerecht werde wolle. Miyazawa hatte alle Mühe zu erklären, warum seine Regierung bisher vehement gegen einen gerneinsamen asiatischen Markt auf Distanz geht, der neben Japan auch Südkorea, Taiwan und Hongkong, vielleicht sogar China einschließen könnte. Die politisch Verantwortlichen im pazifischen Industriestaat befürchten, dass eine solch Wirtschaftsgemeinschaft die USA ausschließen und damit gewaltigen Handelsärger mit Washington bringen könnte.
Am liebsten würde Tokio die asiatischen Tiger innerhalb und außerhalb der ASEAN aus der Ferne lenken. Die mit Jahresbeginn formell in Kraft getretene südostasiatische Freihandelszone ist in japanischen Augen ein nützlicher Fortschritt, aus dem die stärkste Wirtschaftsmacht in der Region auf lange Sicht Nutzen ziehen kann, ohne sich durch eine Mitgliedschaft allzu weit aus dem Fenster zu lehnen. Den Südostasiaten indes gefällt die Schaukelstuhlpolitik des nördlichen Nachbarn ganz und gar nicht. Vor allem Malaysia, aber auch Indonesien und Thailand wollen, daß Japan Flagge zeigt und sich ohne wenn und aber zu einer asiatischen Wirtschaftsgemeinschaft bekennt.
Bei seiner Grundsatzerklärung am Wochenende in Thailand versuchte Nippons Premier mit einer Indochina-Initiative zu demonstrieren, daß Japan das Privileg verdiene, beim nächsten Weltwirtschaftsgipfel Anfang Juli in Tokio der „legitimierte Asiate“ am Tisch zu sein. Tokio will ein internationales Forum zur Entwicklung der einst kommunistischen Länder-Gruppe ins Loben rufen. Aber das reicht den Nachbarn der ökonomisch dynamischen Region - die Wirtschaft wuchs 1992 im ASEAN-Schnitt etwa 6,5 Prozent - nicht aus. Deshalb sah sich der kleine Mann aus Tokio wohl auch gezwungen, seltsame Kompromisse einzugehen.
Während Miyazawa und noch mehr sein Hardline-Außenminisicr Michio Watabane einer eventuellen Gipfelteilnahme des russischen Präsidenten Jelzin alle erdenklichen Steine in den Weg legen, ist Japan jetzt sogar bereit, sich für eine Einladung des indonesischen Staatschefs Suharto zum Treffen der großen westlichen Industrienationen nach Tokio einzusetzen. Miyazawa machte in Djakarta die Zusage, die anderen G-7 danach zu fragen. Als erster kommt Ende Februar Bundeskanzler Helmut Kohl. Er sollte auf eine Antwort vorbereitet sein.
Berliner Zeitung, 19.1.1993
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