Berlin (taz) - "An der Stelle ist viel los!" weiß Hermann von Morgenstern, Dozent an der Hamburger Hochschule für Schiffahrt aus eigener Erfahrung. Durch die 420 Seemeilen lange Straße von Malakka geht fast der gesamte Schiffsverkehr von Europa und aus dem Nahen Osten nach Fernost, weil dies die kürzeste Strecke zwischen dem Pazifik und dem Indischen Ozean ist. Die Kollision der beiden Tanker zwischen den beiden Inseln Nicobar und Sabang nördlich von Sumatra kommt für Experten deshalb alles andere als überraschend. 400 bis 600 Schiffe steuern täglich durch die Meerenge. Schon im letzten Jahr hatte es einen schweren Tankerunfall gegeben, bei dem 20 Besatzungsmitglieder ums Leben kamen und 13.000 Tonnen Rohöl ins Meer flossen. Sechs weitere schwere Karambolagen wurden registriert; hinzu kamen eine Explosion und ein schwerer Brand an Bord.
Aber nicht nur der dichte Verkehr bedroht die engbesiedelte Ostküste Malaysias, die Ostküste Sumatras und Singapur, den verkehrsreichsten Hafen der Welt. In den letzten Jahren enterten immer häufiger Piraten die Schiffe, die auf Geld und Wertsachen der Mannschaften aus sind. Schlagzeilen machte der Überfall auf einen vollbeladenen Tanker: die Besatzung konnte sich erst nach mehr als einer Stunde von ihren Knebeln und Fesseln befreien - in der Zeit dümpelte das Schiff ohne Steuermann in der Meerenge herum.
Die Anrainerstaaten Malaysia, Indonesien und Singapur haben angekündigt, daß sie künftig Gebühren für jede Durchfahrt kassieren wollen. Davon soll nicht nur eine bewaffnete Seepolizei bezahlt werden, die jedes Schiff begleitet. Auch ein Lotsendienst ist geplant. Außerdem sollen die Kosten für die Beseitigung von Umweltbelastungen, insbesondere durch ausgelaufenes Öl, aus diesem Fonds gedeckt werden. Annette Jensen
taz, 22.01.1993
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