Berlin (taz) - Das Meer nördlich von Sumatra brennt.
Eine dicke Qualmwolke steigt von dem 322 Meter langen Tanker "Maersk Navigator"
in den Himmel. Aus einem Leck in der linken Bordwand läuft Öl
aus - und niemand weiß, wieviel der geladenen 255.000 Tonnen sich
bereits in den Eingang zur Seestraße von Malakka ergossen haben.
Das Schiff treibt zwischen den Inseln Nicobar und Sabang führungslos
auf dem Meer - in Richtung der Bucht von Bengalen. Die Küsten von
Indonesien, Malaysia und Birma sind bedroht.
Gegen zwei Uhr in der Nacht zu Donnerstag kollidierte die in Singapur registrierte Maersk Navigator mit dem unter gleicher Flagge fahrenden leeren 96.550-Tonnen-Tanker "Sanko Honour". In Japan wurde gemeldet, die Mannschaften beider Schiffe hätten geschlafen. Während aus Indonesien berichtet wurde, das Wetter sei gut gewesen , sprechen andere Quellen von Regen und Sturm. Beide Schiffe standen unmittelbar nach dem Zusammenstoß in Flammen. Die Besatzung der Sanko Honour konnte das Feuer an Bord ihrer Schiffes innerhalb von fünf Stunden löschen.
Der deutsche Containerfrachter "DSR Atlantik", der etwa acht Seemeilen vom Unglücksort entfernt fuhr, fing unmittelbar nach Ausbruch des Feuers einen SOS-Ruf des Supertankers auf. "Unsere Leute koordinierten die Rettungsaktion und nahmen die 24köpfige Mannschaft an Bord", sagt Brigitte Götz, Sprecherin der Deutschen See-Reederei in Rostock, der taz. Der englische Kapitän habe sich bisher noch nicht zum Unfallhergang geäußert. "Das aber tun Kapitäne nie - wegen der Versicherung."
Der Tanker gehört der dänischen Reederei A.P. Moller, ist in Singapur registriert und wurde bei Hyundai in Südkorea 1989 gebaut. Ob das relativ neue Schiff doppelte Wände hat, ist allerdings unklar. Ein Sprecher von Lloyds Register in London, wo das Schiff TÜV-mäßig untersucht worden war, bezweifelte dies gestern jedoch. Die Behörden in Singapur schickten sofort Bergungs- und Feuerlöschschiffe zur Maersk Navigator. Auch aus Japan, wohin die Ölfracht aus Oman gehen sollte, ist eine Nothilfegruppe entsandt worden.
Zwischen Indonesien und Malaysia passieren täglich 400 bis 600 Frachter und Tanker die Straße von Malakka auf dem Weg zwischen Fernost und dem Nahen Osten. Wegen des in den letzten Jahren stark zugenommenen Schiffsverkehrs auf dieser Route und einer Serie von Schiffskollisionen erwägen die Anrainerstaaten Indonesien, Malaysia und auch Singapur die Erhebung von Gebühren für alle Benutzer dieses Seeweges.
Nach dem Auflaufen und Bersten der "Braer", was die größte Umweltkatastrophe in Nordwesteuropa seit Vogelgedenken hervorrief, hat das Europaparlament in Straßburg ein Verbot gefährlicher Transporte in "ökologisch empfindlichen Gebieten" gefordert. aje
taz, 22.01.1993
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