Indonesien-Information Februar 1993 (Umwelt)

 

Die Molukkeninsel Yamdena - ein Südseeparadies in Gefahr

Yamdena ist die Hauptinsel der Tanimbar-Gruppe in den süd-östlichen Molukken. Zweimal pro Woche verkehrt ein Flug von Ambon, der Hauptstadt der Molukken, nach Yamdena, ansonsten gibt es nur Schiffsverkehr dorthin. Nachdem sie von dem Ökologen John Dick als besonders schützenswert eingestuft wurde, bekam die Insel 1971 den Schutzstatus und war fürderhin nur noch für Forschungszwecke zugänglich.

Gesunde Natur ohne Wald?

Bis letzten April, als die indonesische Regierung ein 164.000 ha Gebiet als Holzkonzession an die Firma PT Alam Nusa Segar (heißt soviel wie 'gesunde Natur unserer Heimat'...) vergab. Die Firma gehört zur Salim-Gruppe, Indonesiens größtem Konglomerat, geleitet von dem Tycoon Liem Sioe Liong. Die Vergabe der Konzession wurde unterstützt vom Gouverneur der Molukken, Sebastianus Sekoso.

Die Vereinigung Intellektueller Tanimbars beauftragte das Agroclimate and Land Research Centre von West Java mit der Untersuchung möglicher ökologischer Auswirkungen der zu erwartenden Eingriffe in das Ökosystem.

Versinkt Yamdena im Meer?

Die Ergebnisse bieten allen Anlaß zur Beunruhigung: die nur 50 cm mächtige Bodendecke auf Kalkstein würde binnen 2-3 Jahren im wahrsten Sinne des Wortes ins Meer gewaschen sein, möglicherweise würde sogar die ganze Insel im Meer verschwinden - so geschehen im Falle der Nachbarinsel Kei, die Ende des 19. Jhdts. von einer holländischen Firma abgeholzt wurde. Auch im Norden Sumatras versinkt die Insel Tapak im Meer, nachdem der schützende Mangrovengürtel abgeholzt wurde; ihre Bewohner wurden aufgefordert, die Insel zu verlassen. Auf besorgte Äußerungen der Vereinigung Intellektueller Tanimbars hin meinte Indonesiens Forstminister Hasjrul Harahap nur lakonisch, es gäbe immerhin viele Inseln ohne Wald, die nicht im Meer versänken.

Die ökologischen Folgen der Abholzung werden schon deutlich für die Bewohner Yamdenas: Straßenbau führte zu Bodenerosion, was nicht nur die Verschmutzung des Trinkwassers zur Folge hat, sondern die Trinkwasserversorgung als solche gefährdet. In Verhandlungen mit verantwortlichen Stellen in Jakarta wurde der Vereinigung Intellektueller Tanimbars ein 6-monatiger Einschlagsstop zwecks Durchführung einer ökologischen Untersuchung der Insel vom Forstminister zugesichert. Nach ihrer Rückkehr nach Yamdena wurden die Abholzungen ohne Pause fortgesetzt. Die Holzfirma soll auch bereits eine eigene Umweltverträglichkeitsprüfung vor Beginn ihrer Aktivitäten durchgeführt haben, die negative Auswirkungen in 27 von 40 ökologischen Kategorien vorhersagt, sie wissen also was sie tun.

Respekt vor den Holzfirmen

Die Regierung führt mittlerweile eine eigene Studie zur Abschätzung der Auswirkungen auf die Insel durch. Gleichzeitig wurden Forderungen nach dem Entzug der Konzession zurückgewiesen, mit der Begründung, dies würde Respektlosigkeit der Holzfirma gegenüber ausdrücken. Harahap würde die Konzession nur zurückziehen, wenn der Gouverneur der Molukken der Holzfirma PT Alam Nusa Segar sein Vertrauen entzöge.

Die Bewohner der Insel versuchen verzweifelt die Motorsägen aufzuhalten, aber alle Proteste endeten bisher mit Blutvergießen aufgrund des extrem harten Vorgehens der Polizei. Mitte September verbrannten einige Dutzend wütender Inselbewohner Eigentum der Holzfirma und zerstörten auch Ausrüstungen. Daraufhin wurden mehr als 30 Insulaner verhaftet, darunter auch die Dorfchefs von Tumbur und Lorulung. Unter den Verhafteten sind auch die kürzlich aus Jakarta zurückgekehrten Studenten Batsire (27) und Benyamin Fenyatuwain (28). Anfang Oktober saßen alle noch immer im Gefängnis von Tual. Die Protestierenden wurden geschlagen, getreten und beschossen von den Sicherheitskräften, die Verhafteten wurden noch gröber mißhandelt.

Pastoren gefährlich

Zwei Monate zuvor war bereits ein ähnlicher Vorfall passiert. Im Juli gab es eine Demonstration von 200 Menschen gegen PT Alam Nusa Segar. Die Stimmung in Yamdena ist inzwischen spannungsgeladen, es wurde auch von Konflikten zwischen Einheimischen und Arbeitern der Holzfirma berichtet. Selbst Pastoren werden beschattet, da sie verdächtigt werden, die lokale Bevölkerung zu unterstützen.

Nach dem Ereignis im September schrieb der katholische Bischof von Ambon, Mgr. A.P.C. Sol, einen Protestbrief über die gewalttätige Polizeiaktion und rief zum Vorgehen gegen die verantwortlichen Polizisten auf. Die Bewohner Yamdenas wandten sich mehrfach und bisher ohne Erfolg an lokale und nationale Autoritäten um die Zerstörung ihrer Wälder zu beenden, welche sie mit Waldprodukten versorgen und die Wasserscheiden der Insel beschützen.

Aber Abholzung ist nicht die einzige Bedrohung der Wälder der Insel. 30.000 ha Land wurden an die staatliche Plantagenfirma PTP-45 vergeben, die in Kürze ihre Aktivitäten aufnehmen wird. Es wird befürchtet, daß durch den Kahlschlag zur Vorbereitung des Projektes und der Monokultur-Plantage weitere Erosion eintreten wird.

Die neue Religion: Konsum

Zusätzlich wurden am Saumlaki-Strand zwei fünfgeschossige Gebäude errichtet, um das einzige moderne Einkaufszentrum in den südöstlichen Molukken zu schaffen. Die Gebäude wurde auf Land errichtet, welches von den Einheimischen für traditionelle Feste und Zeremonien an Nationalfeiertagen genutzt wurde. Die Bewohner protestierten gegen die Entweihung des ihnen heiligen Ortes mit einem Boykott von Festlichkeiten, die auf einer von der Regierung zur Verfügung gestellten Ersatzfläche abgehalten wurden.

Es scheint, als ob der Fall mehr als einen Zusammenstoß von Tradition und Moderne darstellt, nämlich die - wie sonst auch in Indonesien - konsequente Negierung von Stammes-(land)rechten und die Unterordnung von ökologischen unter ökonomische Belange. Und es zeigt die wirtschaftliche Moral von Tycoons wie Liem Sioe Liong, dem sein kurzfristiger Profit wichtiger ist als die Zukunft der Bewohner irgendwelcher Inseln. Gutachten spielen dabei doch keine Rolle, bis das Hin und Her ausgefochten sein wird, ist die Insel schon kahlgeschlagen und die Lebensgrundlage der Bewohner zerstört. Und wenn es zu einem offiziellen Entzug der Konzessionen kommen wird, ist es weiterhin fraglich, ob das PT Alam Nusa Segar auch interessieren wird - oder ebensowenig wie die drei letztes Jahr auf Siberut geschlossenen Konzessionen, die trotz alle dem fröhlich weiter holzen...

Es ist schwierig, diese Menschenrechtsverletzungen ohne Wut und Zynismus zu betrachten, und es drängt sich die Frage auf: Was soll diese sinnlose Assimilierung von Stammeskulturen, von kleinen Völkern, von denen weder ökonomisch viel zu holen ist noch politisch etwas zu befürchten? Warum müssen diese Menschen so entwürdigend behandelt werden? Es täte der Macht des Staates keinen Abbruch, sie über die Entwicklung ihrer Insel mitbestimmen zu lassen, anstatt sie derart zu vergewaltigen! Und ist es ökonomisch wirklich günstiger, einmal kurz zu kassieren, um dann für immer zu bezahlen? Für die Umsiedlung der Bewohner Yamdenas im Falle der Zerstörung der Insel durch Erosion, für Unterstützung, falls Landwirtschaft und Fischfang auf der zerstörten Insel nicht mehr möglich sind, für medizinische Hilfe im Falle von Krankheiten aufgrund der Trinkwasserverseuchung, für ein erhöhtes Polizeiaufgebot aufgrund des ewigwährenden Zornes der Bewohner von Yamdena, dessen sich die Regierung gewiß sein kann...
 

Quellen:

„Clash of interests on Yamdena“, Tapol No. 114, Dez. 1992; „Save Yamdena Island“, Down to Earth No. 19, Dez. 1992; „Versenken Holzfäller eine Insel?“ Regenwaldreport No. 4/92.

SKEPHI, das Indonesische Netzwerk für Regenwaldschutz in Indonesien ruft die Öffentlichkeit auf zur Rettung Yamdenas Briefe, die Ihre Besorgnis ausdrücken, an die Regierung Indonesiens zu schicken. Exemplare eines Heftes von SKEPHI über Yamdena „To sink the island, Logging problem, on Yamdena Island“ sind zu beziehen über: Rainforest Action Network, 450 Sansome Street, Suite 700, San Francisco, CA 94111, USA.
 

Die Bedrohung Yamdenas fand bereits internationale Aufmerksamkeit. Im Oktober 1992 forderte das World Rainforest Movement die indonesische Regierung auf, eine Anhörung der Inselbewohner durchzuführen und die ungesetzlichen Übergriffe der Polizei sofort zu beenden. Im November gab das US-amerikanische Rainforest Action Network einen „Action Alert“ heraus und forderte seine Mitglieder auf, Briefe an den Forst- und den Umweltminister zu schreiben. Auch Down To Earth wandte sich an die indonesische Regierung und an die Salim-Gruppe (Zentrale Verwaltung von PT Alam Nusa Segar) und forderte auf, die Gewalttätigkeiten gegenüber Einheimischen zu beenden, setzte sich weiterhin für die Freilassung der Inhaftierten ein und forderte die Beendigung der Abholzungen bis zur Veröffentlichung der Untersuchungsergebnisse durch die Regierung.

Helfen auch Sie, die Insel Yamdena zu retten! Drücken Sie Ihre Besorgnis aus, schreiben sie Briefe an eine oder mehrere der folgenden Adressen:

Indonesische Regierung: Hasjrul Harahap, Minister for Forestry, Forestry Building, Manggala Wanabhakti, Jl. Gatot Subroto, Senayan, Jakarta Pusat.

Emil Salim, Minister for Population and Environment, Jl. Medan Merdeka Barat 15, Jakarta Pusat.

Rudini, Home Affairs Minister, Jl. Medan Merdeka Utara No. 7, Jakarta Pusat.

Solihin GP, Sesdalopbang, Bina Graha, Jl. Veteran No. 14, Jakarta Pusat.

DPR (House of Representatives), Komosi IV, MPR Building, Gatot Subroto Boulevard, Jakarta Pusat.

Holzfirma: Sunardi Winarto, Salim Group, Kompleks Perkantoran Duta Merlin, Blok A No. 48, Jl. Gajah Mada 3-5, Jakarta 10130

Indonesia Forestry Society (MPI), Manggala Wana Bhakti Building, Jl. Jend. Gatot Subroto, Senayan, Jakarta Pusat.

Geldgeber: Consultative Group on Indonesia, Lippo Life Building, Jl. H.R. Rasuna Said, Kav B-10, Kuningan, Jakarta 12940
 
 

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