Indonesien-Information
Nr. 1 1995 (Ost-Timor)
Das Portrait
George Aditjondro
Über die Wirkung politischer Witze kann der Indonesier George Aditjondro
aus erster Hand sprechen. Der Soziologe und Anthropologe, der an der Universität
der 450 östlich von Jakarta gelegenen Kleinstadt Salatiga lehrt, hatte
sich an eine bewährte Regel gehalten: Auch wissenschaftliche Vorträge
dürfen nicht dröge sein. So spickte er seine Rede mit ein paar
Witzen über die anstehende Nachfolge des indonesischen Präsidenten
Suharto. Das kam der Polizei zu Ohren, die ihn im Oktober 15 Stunden lang
verhörte. Aditjondro ist den Sicherheitsbehörden schon lange
ein Dorn im Auge: Seit Jahren kritisiert er die Ost- Timor-Politik des
Militärregimes ebenso wie Korruption und Menschenrechtsverletzungen
in Indonesien. Jetzt drohen Anklage und Verhaftung - die Behörden
fürchten, daß seine freimütigen Äußerungen die
indonesischen Gastgeber während des bevorstehenden asiatisch-pazifischen
Gipfels in unerfreulichem Licht erscheinen lassen. Der 48jährige,
dessen Humor und Engagement bei seinen MitstreiterInnen geschätzt
werden, hielt sich im Oktober zu einer internationalen Ost-Timor-Konferenz
in Deutschland auf (die taz berichtete). Damals bezeichnete er sich schlicht
als "älteren Intellektuellen, der bereit ist, sich offen über
Ost-Timor, Umweltprobleme und andere Themen zu äußern". Kritiker
der indonesischen RegierungFoto: INDOC Vor seiner Promotion in ländlicher
Soziologie an der Cornell-Universität in den USA hatte er reiche praktische
Erfahrungen gesammelt und mehrere Jahre lang eine Entwicklungsorganisation
in Irian Jaya geleitet. Dort, westlich von Papua-Neuguinea, gibt es einen
andauernden Kampf gegen die indonesische Herrschaft. Er machte sich einen
Namen als Kritiker der Abholzung des Regenwaldes der Region und dokumentierte
die umweltschädigende Wirkung der Bergwerke und Staudammprojekte.
Darüber hinaus hat er für mehrere Zeitschriften geschrieben,
unter anderem für Tempo, die zu den prominentesten indonesischen Publikationen
zählte, bis sie von der Regierung unter anderem wegen ihrer kritischen
Berichterstattung über den Ankauf der Ex-NVA- Kriegsschiffe aus Deutschland
verboten wurde. Heute gehört Aditjondro zu jener Gruppe von Umweltschützern,
die eine beispiellose Klage gegen Suharto angestrengt haben. Der Präsident
soll Gelder, die für den Schutz des Regenwaldes bestimmt waren, an
eine staatliche Flugzeugbaufirma geleitet haben. Hugh Williamson
Copyright © contrapress media GmbH T941107.92 TAZ Nr. 4462 Seite
11 vom 07.11.1994 93 Zeilen von Portrait hugh williamson
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