Die von Präsident Suharto verkündete "politische Öffnung" sei lediglich Kosmetik, um der zunehmenden Kritik des Auslands an der Mißachtung von Menschenrechten und demokratischen Grundregeln zu begegnen. Spätestens mit dem Verbot von drei führenden Zeitschriften im Juni habe die Regierung gezeigt, daß sie sich nicht mehr darauf beschränke, die Anhänger der Demokratiebewegung zu verfolgen, sondern jetzt sogar versucht, die Gedanken und Informationen der Menschen zu kontrollieren. Das Militär herrsche weiterhin mit uneingeschränkter Macht, legitimiert durch die Doktrin "Dwifungsi", die ihm neben Aufgaben der Landesverteidigung auch eine gesellschaftliche Rolle zur Wahrung der "inneren Stabilität" zugesteht. 90 % der vorhandenen Waffen werden gegen die eigene Bevölkerung eingesetzt, sagte Indro Tjahjono, Menschenrechtsaktivist aus Jakarta, in einem Interview mit Watch Indonesia!.
Indro Tjahjono kam auf Einladung der BUKO-Koordinationsstelle "Stoppt den Rüstungsexport!" nach Deutschland, um über die Folgen deutscher Rüstungsexporte nach Indonesien zu berichten. Letztes Jahr verkaufte die Bundesrepublik 39 ehemalige NVA-Kriegsschiffe samt Munition an Suhartos Generäle. 1.660 Marinesoldaten - die zukünftige Besatzung der Schiffe - wurden im schleswig-holsteinischen Neustadt ausgebildet. In Kürze soll Indonesien auch deutsche U-Boote und Panzer erhalten.
Entgegen den Beteuerungen der Bundesregierung, stellen die Kriegsschiffe eine direkte Bedrohung der Bevölkerung dar, meint Indro Tjahjono. Die Schiffe könnten beispielsweise dazu dienen, Truppen in Krisenregionen wie Osttimor, West Papua oder Aceh zu transportieren, wo es starke Autonomiebestrebungen gibt, denen das Militär mit aller Härte begegnet. Regelrechte Massaker wie 1991 auf dem Friedhof von Santa Cruz in Dili, Osttimor, sind dabei nur die Spitze des Eisberges. Andere Formen der Repression wie willkürliche Verhaftungen, Folter, Vergewaltigungen und politische Morde sind an der Tagesordnung.
In einem System, in dem sich die Macht in erster Linie auf Gewehre stützt, bedeuten zusätzliche Waffen auch einen Zugewinn an Macht, so die einfache Formel nach der sich die indirekten Folgen der Rüstungsexporte beschreiben lassen. Das marktwirtschaftliche Prinzip der Preisbildung durch Angebot und Nachfrage ist außer Kraft gesetzt. Mit militärischem Druck sichert sich Indonesiens Wirtschaft Wettbewerbsvorteile wie billige Löhne und preisgünstige Grundstücke. Streiks und Demonstrationen von Arbeitern, die höhere Löhne fordern, werden ebenso vom Militär zerschlagen, wie Protestaktionen von Bauern, die ihr Land gegen lächerliche Entschädigungen abgeben müssen.
Im Juni wurden weitreichende Maßnahmen zur Erleichterung ausländischer Investitionen beschlossen. Im Rahmen der Vereinbarungen des asiatisch-pazifischen Wirtschaftsgipfels (APEC), der letzte Woche im indonesischen Bogor stattfand, ist auch die Liberalisierung der Handelsbeziehungen zu erwarten. Doch ohne die gleichzeitige Demokratisierung der Gesellschaft wird diese wirtschaftliche Öffnung die von der Bevölkerung zu tragenden Lasten nur noch vergrößern, befürchtet Indro.
Während einer Podiumsdiskussion im Berliner Roten Rathaus, zu der terre des hommes, amnesty international und Watch Indonesia! eingeladen hatten nahm Indro Tjahjono auch Stellung zur vielkritisierten Städtepartnerschaft Berlin-Jakarta. Angesichts der fortwährenden Menschenrechtsverletzungen schlug Indro dem Berliner Senat vor, ein Dokumentationszentrum für Menschenrechte in Jakarta einzurichten.
Der Leiter des Referats Internationale Beziehungen der Senatskanzlei, Herr Fanselau, legte die Interessen der Berliner Wirtschaft in Jakarta dar. Unter anderem bemüht sich AEG/Siemens um den Bau einer U-Bahn für die indonesische Metropole. Desweiteren wolle Berlin auf den Gebieten Wasserversorgung, Abwasserbehandlung, Wohnungsbau und Stadtplanung aktiv werden. Indro Tjahjono sieht diese Bemühungen kritisch. Die Stadtplanung in Jakarta sei "anarchisch", da sie oftmals von der Willkür einiger Generäle abhänge. So sei beispielsweise auf einem geschützten Grünstreifen eine Tankstelle entstanden, nur weil sie für einen General günstig auf dem zur Arbeit liege.
Herr Fanselau räumte ein, daß in Jakarta in der Tat vieles
im Argen liege. Der Berliner Senat wolle sich auch keineswegs auf wirtschaftliche
Kontakte mit der Partnerstadt beschränken, sondern zeige offen für
Vorschläge von Nichtregierungsorganisationen, um die Partnerschaft
mit leben zu erfüllen. <>
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