Indonesien-Information Nr. 2 2002 (Menschenrechte)

In Memoriam Poncke Princen

von Alex Flor

Wir trafen uns im Hinterzimmer eines Restaurants in Jakarta. Aufgrund einer Serie von Schlaganfällen an den Rollstuhl gefesselt und von Hautkrebs gezeichnet, erzählte HJC Princen, er sei fest entschlossen in der nächsten Woche nach Manila zu reisen. Auf der ersten Solidaritätskonferenz für Ost-Timor in einem asiatischen Nachbarstaat wollte er Stellung beziehen. Es kam nicht zu der Reise. Auf Druck Indonesiens hatte der ASEAN-Verbündete Philippinen die Konferenz in letzter Minute verboten. Eine alltägliche Begebenheit im Leben des dienstältesten Menschenrechtlers Indonesiens, der eigentlich ein Holländer war. Er wurde indonesischer Staatsbürger, trat zum Islam über und pilgerte nach Mekka. Haji Johannes Cornelis Princen versuchte sich anzupassen. Doch angepasst war er nie. Nachdem er die Kriegsgefangenschaft in einem Lager der Nazis überlebt hatte, kam Princen 1948 als Soldat der niederländischen Armee nach Indonesien. Die Ungerechtigkeit des Krieges der ehemaligen Kolonialmacht erkennend, wechselte er bald die Seiten, um mit den Indonesiern die Unabhängigkeit zu verteidigen. Präsident Soekarno ehrte ihn dafür mit der höchsten Auszeichnung, dem Guerilla-Orden, während ihn die Niederlande in Abwesenheit zum Tode verurteilten. Noch in den 90er Jahren machten Veteranen in Den Haag mobil, um zu verhindern, dass dem "Landesverräter" und "Deserteur" ein Besuchervisum erteilt würde. 1956 zog HJC Princen als Abgeordneter ins erste frei gewählte Parlament Indonesiens ein. Mit Kritik ging er nie sparsam um, weshalb er ungeachtet seiner früheren Verdienste bereits unter Soekarno für mehrere Jahre ins Gefängnis musste. Anfang der 70er Jahre gehörte Princen zu den Mitbegründern der Rechtshilfeorganisation LBH, die als "Lokomotive der Demokratie" die Keimzelle der bis heute stetig wachsenden Menschenrechts- und Demokratiebewegung Indonesiens darstellte. Ob LBH, Petisi 50, Infight oder das von ihm gegründete Institut für Menschenrechte, LPHAM, es gab kaum eine fortschrittliche Bewegung oder Organisation, bei der Poncke, wie ihn seine Freunde nannten, nicht eine tragende Rolle spielte. Princen problematisierte die indonesische Herrschaft in Ost-Timor lange bevor dieses Thema auch nur unter Menschenrechtlern gesellschaftsfähig war. Er gewährte ost-timoresischen Flüchtlingen Zuflucht und verhandelte mit Behörden, um ihre Ausreise in sichere Aufnahmeländer zu ermöglichen. Mehr als einmal musste er wegen seines ausgeprägten Gerechtigkeitssinnes auch unter Suharto ins Gefängnis. 1984 wurde ein Ausreiseverbot gegen ihn verhängt. Als Poncke Princen 1993 zum ersten Mal wieder eine Reise ins Ausland genehmigt wurde, führte ihn sein Weg neben Stationen wie Lissabon, Amsterdam und Stockholm auf Einladung von Watch Indonesia! auch nach Berlin. Auf einer Veranstaltung in der Humboldt-Universität sagte er damals, die Missachtung der Menschenrechte in Aceh, West-Papua, Ost-Timor fördere nur extreme Formen des Protestes - wozu auch der Separatismus gehöre. Je ungerechter ein System, desto fundamentaler der Protest. "The government must be so attractive that people want to join the united state!". Doch das sei ganz offenbar nicht der Fall. Vielleicht erinnert sich eines Tags jemand an diese Worte. Wir erinnern uns an HJC Princen. Er starb am 22. Februar 2002. Selamat jalan, Poncke! <>

 
 

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