Der Bischof von Ost-Timor, Carlos Ximenes Belo, sagte, der Festnahme des timoresischen Widerstandsführers Jose Xanana Gusmao sei eine Verhaftungs- und Einschüchterungswelle gefolgt. Er beschuldigte das indonesische Militär der Verfolgung von Christen und Personen, die die indonesische Kontrolle über das Gebiet nicht anerkennen. „Wenn diese Leute ins Gefängnis kommen, werden sie zuerst einmal zusammengeschlagen,“ sagte er in einem Gespräch mit dem portugiesischen katholischen Radiosender Renascena. „Ich habe Briefe von Gefangenen und ehemaligen Gefangenen erhalten, die von allen erdenklichen Foltermethoden berichten - Elektroschocks, Verbrennen der Genitalien mit Zigaretten, Menschen, die in Fässer mit kaltem Wasser gesteckt werden sowie Prügel.“
Im Gespräch mit einer portugiesischen Zeitung machte Bischof Belo die Anschuldigung, daß einige Gefangene gezwungen wurden, Geständnisse zu unterschreiben und danach Tierblut zu trinken, um ihre Aufrichtigkeit zu beweisen. Er sagte, die Folterungen seien dazu gedacht, Gefangene dazu zu bringen, ihre Zusammenarbeit mit der Widerstandsbewegung FRETILIN zuzugeben. Einige wurden dazu gezwungen, katholische Priester der Organisierung anti-indonesischer Demonstrationen zu beschuldigen.
Die Behauptungen des Bischofs werden sicherlich die internationale Besorgnis über das Ausmaß der Menschenrechtsverletzungen in Ost-Timor neu beleben. Die Behauptungen fallen zeitlich zusammen mit dem Beginn des Gerichtsverfahrens gegen Xanana Gusmao in der ost-timoresischen Hauptstadt Dili - ein Ereignis, bei dem Jakarta bemüht scheint, Kritik an seinem Vorgehen in Timor zu entschärfen.
Bischof Belo gab portugiesischen Journalisten in Dili, die dort vergangene Woche waren, um über das Verfahren zu berichten, dann aber gezwungen wurden, nach Lissabon zurückzukehren, einige Interviews. In einem Gespräch mit der führenden portugiesischen Tageszeitung Publico sagte er, daß Mißbräuche seit der Verhaftung Gusmaos, der die Guerillas im Kampf gegen die indonesische Kontrolle über ein Jahrzehnt angeführt hatte, anhalten würden. „In allen Distrikten ist es zu Inhaftierungen gekommen, aber genaue Angaben kann ich nicht machen,“ sagte er. „ In letzter Zeit sind Menschen gezwungen worden, gegen ihr Gewissen vorzugehen. Sie wurden gezwungen, zuzugeben, daß sie im politischen Untergrund gewesen seien, wenn sie es tatsächlich nicht waren und keinerlei Verbindung dazu gehabt hatten. Menschen wurden dazu gezwungen, Geständnisse zu unterschreiben und das Blut einer Ziege oder eines Hundes zu trinken. Das sind in der Tat Mißbräuche.“
Bischof Belo sagte, daß ihm der Zugang zu Gusmao während dessen Inhaftierung in Dili verwehrt wurde. Danach befragt, ob er glaube, daß die Festnahme Gusmaos ein Ende des Widerstandes bringen werde - wie Indonesien behauptet - sagte der Bischof: „Ich glaube das nicht. Xanana ist nur einer. Der bewaffnete Widerstand kann zu einem Ende kommen, aber die Seelenlage sowie der kulturelle Widerstand der Menschen werden anhalten. Solange es das Volk gibt, wird der Widerstand anhalten. Sie haben ihre eigene Identität, ihre eigenen Legenden, Traditionen und Lebensart.“
Es ist das erste Mal seit mehreren Jahren, daß sich Bischof Belo so eindeutig zur Menschenrechtssituation in Ost-Timor äußerte. 1989, vor dem Besuch des Papstes, schrieb Belo einem anderen Bischof in Portugal: „Die Situation der Ost-Timoresen, soweit es um Verfolgung und Folter geht, ist einfach unvorstellbar...die Ost-Timoresen sind vollständig von der Welt abgeschnitten.“ Später wurde er von den indonesischen Behörden angeprangert und davor gewarnt, zu politischen Angelegenheiten Stellung zu nehmen.
Ein kürzlich veröffentlichter Bericht des US-amerikanischen Außenministeriums geht davon aus, daß Rechtsverletzungen in Ost-Timor weiterhin anhalten. Er zitiert eine Feststellung des Sonderberichterstatters der Vereinten Nationen vom letzten Jahr zum Thema Folter: „Folter kommt in Indonesien vor, insbesondere in den Fällen, die als Gefährdung der Sicherheit des Staates angesehen werden.“ In mehreren Gebieten, die „als instabil gelten ... wird berichtet, daß Folter eher die Regel ist.“
Mark Baker in „The Age“, Melbourne, 13.2.1993
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