Berlin (taz) - „Wir wußten seit Monaten, daß Präsident Suharto jetzt zum sechsten Mal wiedergewählt wird. Trotzdem bin ich frustriert und schäme mich für dieses Ergebnis. Jetzt geht es noch mal fünf Jahre so weiter!“ W., prominenter Oppositioneller aus Java, hat die Wahlen von Deutschland aus verfolgt, möchte aber aus Sicherheitsgründen nicht namentlich erwähnt werden. „Das einzig Schöne ist, daß ich diesmal nicht im Gefängnis bin!“
Etwa 200 Studenten haben gestern wieder in Jakarta gegen die Wahl-Farce demonstriert, 20 sind verhaftet worden. Im Vergleich zu Thailand, wo es im Mai vergangenen Jahres Massenproteste gegen die kosmetischen Demokratiebemühungen der korrupten Militärs gab, ein traurig-versprengtes Grüppchen. Der Realist W. hingegen hat angesichts der zersplitterten Opposition nicht viel mehr erwartet, „auch wenn heute jeder Becak-Fahrer erzählt, wie satt er Suhartos Politik hat: Es gibt bei uns einfach keine oppositionelle Massenbewegung. Die einen glauben immer noch an einen friedlichen Übergang zur Demokratie, andere hoffen auf die Spaltung innerhalb der allmächtigen Militärclique. Was fehlt, ist eine gemeinsame Idee, wie die Zukunft Indonesiens aussehen könnte.“
Mittlerweile gibt es in dem riesigen Inselreich eine große Zahl Nicht-Regierungsgruppen; vor allem die Öko-Bewegung findet immer mehr junge SympathisantInnen, die den Fortschritt um jeden Preis nicht wollen. Umweltschutz aber paßt nicht ins Konzept einer Wirtschaftspolitik, wie sie von dem in Aachen ausgebildeten Minister für Forschung und Technologie, B.J. Habibie, verkörpert wird.
Habibie, ein enger Freund von Lambsdorff, trägt aufgrund seiner besonderen Beziehungen zur deutschen Wirtschaft den Spitznamen „German Boy“. Er hatte sich Chancen auf Suhartos Nachfolge ausgerechnet, ist doch Deutschland für Indonesien mittlerweile zum zweitwichtigsten Handelspartner nach Japan geworden. Habibie aber wurde ebensowenig als Vize designiert wie der von Bill Clinton favorisierte Guruh, ein Sohn des früheren charismatischen Staatschefs Sukarno. Dagegen wehrten sich in der 1.000 Mitglieder zählenden „Volksversammlung“ die mehrheitlich von Suharto handverlesenen Militärs. Neben dem Präsidenten und seinen Kindern besetzen diese hohen Offiziere die Schlüsselpositionen der indonesischen Wirtschaft. Das ist ein Grund, warum sich in Indonesien trotz prosperierender Konjunktur eine politisch unabhängige Mittelschicht nur sehr zögerlich entwickelt.
Eine andere Hürde für Oppositionsgruppen in Indonesien ist
der Islam. Etwa 90 Prozent der Bevölkerung sind Moslems, die traditionell
eher die Trennung von Staatsgeschäften und Religion befürworten.
Doch der Golfkrieg und die Ereignisse im ehemaligen Jugoslawien haben für
viele zum Flirt mit radikaleren, fundamentalistischen Tendenzen geführt.
Als Staatschef Suharto vor zwei Jahren ganz offiziell die Pilgerreise nach
Mekka erledigte, wurde eine vorsichtige Kursänderung im Land eingeläutet.
Seitdem ist die Religion auch für Oppositionelle ein Thema geworden,
die darüber streiten, ob man „die Massen“ mit oder ohne Hilfe der
religiösen Energie für ein demokratisches Indonesien mobilisieren
soll. Dorothee Wenner
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