General Benny Moerdani versuchte die Bedeutung des Deals für das Land herunterzuspielen, das seit fast 30 Jahren von General Suharto eisern regiert wird. Die Kriegsschiffe aus zweiter Hand hätten keinerlei Hochseekapazität, meinte der indonesische Verteidigungsminister bei seinem Abschiedsbesuch in Malaysia. Sie seien lediglich für den indonesischen Küstenschutz vorgesehen.
Moerdanis Gesprächspartner in Kuala Lumpur waren mit dieser Erklärung keineswegs zufrieden. Sie bezeichneten den Handel mit der Bundesrepublik als „unklug“ und als „Störung des militärischen Gleichgewichts in der Region“. Ein malaysischer Verteidigungsfachmann befürchtet einen Rüstungswettlauf im pazifisch-ostasiatischen Raum.
Kritisch äußerte sich auch der japanische Verteidigungsexperte Kensuke Ebata. Nach seiner Einschätzung hat die Übereinkunft Indonesiens mit der Bundesrepublik den „letzten Anstoß für einen ohnehin bereits in den südostasiatischen Staaten latent vorhandenen Drang hinaus aufs Meer“ gegeben. Ebata spricht von einem Kräftevakuum, das die USA in der Region zurückgelassen habe und das die einzelnen Nationen nunmehr durch eigene Rüstungsanstrengungen auszugleichen gedächten.
Singapur hat sich bereits in den Sog dieser Rüstungsspirale begeben. Zu den bereits vorhandenen 50 Schiffen der Kriegsmarine sollen weitere vier Minenzerstörer und zwölf Patrouillen-Boote hinzukommen. Malaysia kauft zwei neue Fregatten von England und spielt mit dem Gedanken an eine Unterseeboot-Flotte. Die Volksrepublik China hat erst jüngst die erste mit Raketen bestückte Korvette von einer eigenen Werft laufen lassen und plant eine weitere Verstärkung der Marine.
Indonesien erhält zu den bereits vorhandenen Beständen von Bonn 16 Korvetten, 14 Landungsschiffe, Minenräumer. Küstenschutzschiffe und drei Unterseeboote. Damit unterhält Indonesien die größte Streitmacht der Region. Das „kostspielige Abenteuer einer starken Seestreitmacht“ führt nach Überzeugung des taiwanesischen Verteidigungsministers Richard Yang „früher oder später schnurstracks zu den Spratley-Inseln“. Indonesien fühle sich wegen der ungeklärten Hoheitsabgrenzung in dieser Inselgruppe von der Aufrüstung der chinesischen Marine bedroht.
Die Spratley-lnseln im Südchinesischen Meer werden von China, Vietnam, Taiwan, Malaysia, Indonesien und den Philippinen beansprucht Jedes dieser Länder unterhält bereits auf jeweils mehreren dieser Inseln militärische Stützpunkte. China bat erst im vergangenen Jahr uneingeschränkte Hoheitsansprüche auf die Spratleys geltend gemacht.
Die Inselgruppe ist nicht nur wegen ihrer strategischen Lage zur Kontrolle der Schiffahrtslinien bedeutsam. In ihrem Bereich werden beträchtliche Erdöl- und -gasvorkommen vermutet „Die Zusammensetzung der Flotte, die Bonn an Jakarta liefern will, unterstreicht den Verdacht, daß die Indonesier damit mehr im Sinn haben könnten, als Piraten zu verjagen oder die eigenen Küsten zu schützen“, glaubt Richard Yang vom Sun-Yat-sen-Zentrum für politische Studien.
Caesar Parrenas vom Zentrum für Forschung und Kommunikation in Manila ist der Meinung, daß die Bundesrepublik durch ihren Deal mit Indonesien ein schlechtes Beispiel gebe. „Die russische Regierung, die erst kürzlich angekündigt hat, ihre Waffenlieferungen weltweit zu verstärken, fühlt sich von Bonn bestärkt“ Parrenas erinnert daran, daß Moskau bereits mit Waffengeschäften in der Region präsent sei, eine Anspielung auf den geplanten Verkauf von 27 MiG 29-Flugzeugen an Malaysia.
Ein Verteidigungsexperte in Singapur betrachtet die deutsche Lieferung an Indonesien zwar „nicht als Bedrohung“. Doch „wenn die anderen Länder bei diesem Rüstungswettlauf mitmachen, dann aus dem Ehrgeiz heraus, mit den Indonesiern gleichzuziehen“. Singapur hat der Siebenten US-Flotte einen logistischen Stützpunkt eingerichtet. Die Regierung der Inselrepublik sieht die Sicherheit der Region am besten in einer starken US-Präsenz gewährleistet.
JÜRGEN DAUTH (Singapur)
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