Ich arbeite, um meinen Lebensunterhalt zu verdienen. Bandung ist die erste Stadt, in der ich dies versuche. Als Ungelernte bin ich bereit, auch einfache Arbeiten zu machen. Wichtig ist für mich, daß es erlaubte Arbeit ist, die nicht gegen Normen verstößt. Als ich eine feste Arbeit in der Fabrik bekam, war mein Prinzip, sorgfältig und fleißig zu arbeiten, um den erwünschten Lohn zu erhalten. Die erste Lohnauszahlung erstaunte mich: Noch nie hatte ich in meinem Dorf so viel Geld in der Hand gehabt! Zuerst war ich sehr glücklich, ich stellte mir vor, dieses oder jenes zu kaufen. Doch bald merkte ich, daß hier alles sehr teuer ist und mir wenig bleibt, wenn ich die Miete für mein Zimmer und das Essen bezahlt habe.
Nach einigen Wochen dachte ich nach und kam mir wirklich dumm vor: Stell dir vor, ich arbeite jeden Tag 12 Stunden, fange an um 7 Uhr und gehe um 7 Uhr nach Hause für 2.100 Rupiah (knapp DM 2,-) am Tag. Niemals kann ich lange ausruhen, selbst zum Schlafen komme ich kaum. Mir wurde das bewußt, als bei uns gestreikt wurde. Dort forderten KollegInnen, daß das Gehalt erhöht werde, die Arbeitszeit auf 8 Stunden begrenzt wird und Verpflichtungen wie freie Tage und Prämien eingehalten werden. Hier wurden meine Augen geöffnet, ich begann zu begreifen, daß ich als Arbeiterin Rechte habe, die sogar von der Regierung in Gesetzen festgelegt wurden. Gleichzeitig wurde uns verboten, uns gewerkschaftlich zu organisieren oder zu streiken. Doch auch ArbeiterInnen haben Recht auf ein würdiges Leben! Wenn ein Unternehmer sich nicht daran hält, dürfen wir ArbeiterInnen das einfordern.
Verstärkt wurden diese Gedanken, als ich mich häufig mit Leuten unterhielt, die mehr über Arbeiterprobleme wissen. Erst da begriff ich den Wert unserer Arbeit, lernte über unsere Rolle in dieser Gesellschaft und vieles mehr. Schließlich sah und fühlte ich die Übergriffe des Unternehmers selber: der Lohn wird willkürlich gekürzt, Sozialversicherung nicht gezahlt, Überstunden erzwungen, es gibt keinen freien Menstruationstag, sexuelle Belästigungen durch Vorarbeiter sind häufig usw.
Schließlich begriff ich, daß ich nicht immer so weiter leben will: Hier wird mein Selbstwert zertreten, ich werde zur Sklavin gemacht und meine Menschenrechte werden von Leuten geplündert, die nur an sich denken, während wir hart für sie arbeiten. Sie behandelten uns nie als Menschen.
Als eine Arbeiterin, die sich ihrer Situation schon etwas bewußt ist, kann ich nicht mehr schweigen. Ich möchte, daß meine KollegInnen die List der Unternehmer auch verstehen. All dies ist nicht einfach und schwierig ist auch die Gleichgültigkeit derer, die sich nicht um ihre eigenen FreundInnen scheren. Diese Haltung verletzt mich und läßt mich manchmal fast aufgeben. Was ich sehe und wirklich fühle, das sehen sie doch auch! Sie merken, daß ihre Arbeitskraft hier ausgepreßt wird, sie leiden am geringen Lohn, auch sie sind abends völlig müde und schlapp. Häufig höre ich dies in privaten Gesprächen. Jedoch haben sie offensichtlich Angst und sind noch nicht bereit, das Risiko auf sich zu nehmen. Die Angst ist berechtigt, da sie das Militär gegen Streikende einsetzen und oft Leute verhaften.
Aber dennoch ist ganz klar: alleine kämpfen geht nicht. Und darum
müssen Bewußtwerdungsprozesse immer weiter gehen. In jedem Moment
muß Solidarität aufgebaut werden. Dies ist eine große
Herausforderung, weil es zwar nicht einfach, jedoch möglich ist. Das
ist der Weg, den wir gehen müssen, um unsere Situation zu verbessern.
Eigentlich ist unsere Forderung als ArbeiterInnen ganz bescheiden: „Behandelt
uns wie Menschen! Nicht wie seelenlose Maschinen! Wir sind Menschen mit
Wert und Würde!“
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