Es ist unmöglich zu leugnen, daß einige Gruppen dazu geboren sind, seit 1988 den Staat herauszufordern. Einige Beispiele sind: Studentendemos, Arbeiterstreiks, die Veröffentlichungen der Geschäftstätigkeit von Suhartos Familie durch die Presse und die mutige Wahlkampagne der Demokratischen Partei (PDI) im Jahre 1992. Aufgrund dieses Wahlkampfes verlor die Regierungspartei Golkar 17 Sitze, während die PDI 16 Stimmen gewonnen konnte. Das zeigt, daß das Volk einen Wandel wünscht und Mut zeigt.
Den Prozeß seit 1988 sehe ich als eine Demokratisierung. Einen Prozeß, wo die Macht des Staates nicht vereinigt ist. Einige Gruppen innerhalb der Gesellschaft arbeiten zusammen mit Gruppen innerhalb des Regierungslagers. Da aber die Macht der Gesellschaft noch schwach ist, ist das Ergebnis nicht optimal.
Betrachten wir die Merkmale des Demokratisierungsprozesses seit 1988:
1. Ein wichtiger Faktor der Entstehung dieses Demokratisierungsprozesses ist der Antagonismus zwischen dem Präsidenten und der Militärfraktion. Der Antrieb kommt also vom Staat. Aber es wird zu keinem Ergebnis führen, wenn sich dieser Konflikt nicht mit der Situation der Gesellschaft vermischt.
2. Der wichtigste Faktor ist die immer größer werdende Unzufriedenheit innerhalb der armen Bevölkerung. Das tägliche Leben wird immer schwieriger. Das Volk hat Probleme, Arbeit zu finden. Wenn die Bevölkerung doch Arbeit findet, dann sind die Löhne sehr niedrig. Zur gleichen Zeit verdrängt die Säuberung der Stadt die urbane Bevölkerung, die im informellen Sektor arbeitet. Die Straßenverkäufer (kakilima), Rikschafahrer (sopir becak) und Straßen-Imbisse (warung pinggir jalan) dürfen in Jakarta nicht mehr operieren. Solche Säuberungen finden auch in den anderen größeren Städten Javas statt.
In den Dörfern verliert die Bevölkerung ihr Land und ihren Boden. Land und Boden werden zu einer teuren Ware, vor allem, wenn sie sich in der Nähe der Stadt befinden. Die Bevölkerung wird zwangsumgesiedelt, mit sehr niedrigen Entschädigungen. Der Konflikt um Grund und Boden wird zur einer sensiblen Angelegenheit in den letzten Jahren. Diese Umstände haben die Studenten und die Nicht-Regierungsorganisationen bewegt, Protestgruppen zu mobilisieren. Die Studentendemos sind seit 1978 verboten und die Regierung geht gewaltsam gegen Demonstrationen vor. Aber seit 1988 ist die Regierung zurückhaltender. Einige Mitglieder des Staatsapparates haben sogar heimlich die Studenten aufgefordert, zu demonstrieren.
3. Die Praxis des Nepotismus im Geschäftsleben erzeugt Unzufriedenheit bei den Geschäftsleuten. Obwohl sie ihre Unzufriedenheit nicht offen zeigen, sind sie bereit für eine Erneuerung (....). Sie sind allerdings für einen sehr vorsichtigen Wandel. Sie wünschen eine saubere und gewaltfreie Erneuerung. Einen Wandel mit Gewalt und einhergehend mit Religions- und Rassenkonflikten wollen sie nicht.
4. Der internationale Druck beschleunigt den Demokratisierungsprozeß. Die Diskussion der Menschenrechte, der Zusammenbruch des Kommunismus in Ost-Europa und Rußland haben die Position der Nicht-Regierungsorganisationen gestärkt, die für die Einhaltung der Menschenrechte und der politischen Freiheit in Indonesien kämpfen. Indonesien, das von Auslandskrediten abhängig ist, muß die Forderungen der Geldgeberländer beachten.
Ein gelungenes Beispiel der Zusammenarbeit zwischen der nationalen und der internationalen Bewegung war der Kampf der Bevölkerung von Kedung Ombo. Die Demonstrationen durch die NROs auf der internationalen Ebene zwangen die Weltbank zu Gegenmaßnahmen. Im Falle der Ereignisse in Dili zwang der internationale Druck die indonesische Regierung, eine Kommission zu bilden und einige hochrangige Militärs vor Gericht zu stellen. Die Regierung sah sich auch gezwungen, die neuen Verkehrsgesetze auf Eis zu legen, da die Fahrer gedroht hatten, während der Blockfreien-Konferenz zu streiken.
Resumée
Die Bewegung gegen die Staatsmacht seit 1988 ist durch verschiedene Faktoren beeinflußt. Nach meiner Meinung ist die Basis dieser Bewegung die Mittelklasse (obwohl das nicht bedeutet, daß das einfache Volk unbeteiligt ist. Ich nenne als Beispiel die Streiks der Arbeiter). Das erklärt, warum die bisherigen Proteste ohne Gewalt verliefen. Sogar die Proteste der Arbeiter sind nur auf die Einhaltung des Gesetzes über Mindestlöhne gerichtet.
Die Position des Staates ist noch zu stark gegenüber der Gesellschaft. Alle demokratischen Bewegungen stehen noch unter Staatskontrolle. Es bestehen sogar direkte heimliche Verbindungen zwischen diesen Bewegungen und einem Teil des Staatsapparates.
Die Zukunft der Demokratie in Indonesien ist schwierig vorherzusagen. Es passiert vieles und verändert sich in sehr komplexer Weise. Aber die Position des Staats ist geschwächt und die zivile Gesellschaft wird allmählich gestärkt. Sie beginnt sich zu organisieren, um den Staat zu kontrollieren. Die zivile Gesellschaft nach Hegel beginnt sich allmählich zu formieren. <> /Suara Rakyat, Juni 1993/
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