Zum erstenmal in der Geschichte Indonesiens wurde eine harte Strafe gegen einen Rebellenführer nach kurzer Zeit abgemildert. Nach nur 4 Monaten wurde das Strafmaß für Xanana Gusmao, der zu lebenslänglich verurteilt wurde, in eine 20-jährige Haftstrafe umgewandelt, obwohl Xanana selbst nicht um eine Amnestie gebeten hat.
Außerdem verbüßt Xanana seine Strafe jetzt in Semarang, wie der Oberbefehlshaber des Heeres von Mittel-Java erklärte. Er wird als 'besonderer' (istimewa) Gefangener behandelt, und deshalb sei seine Zelle wie ein Hotelzimmer ausgestattet. Xananas Verteidiger prophezeit sogar, daß Xanana Strafe noch weiter verkürzt werden wird. Zwar zählt die Verurteilung Xananas laut Regierungsbekundungen nicht als politischer Fall - weshalb seine politisch geprägte Verteidigungsrede vom Gericht nicht anerkannt und abgebrochen wurde - aber er muß politisch behandelt werden. Denn die indonesische Regierung hofft auf eine Verbesserung ihres Ansehens im Ausland, vor allem im Hinblick auf das Treffen zur Ost-Timor-Problematik im kommenden September /Radio Niederlande, Hilversum, 13.8.93/.
Die 'verdeckte' Amnestie an Xanana ist Teil einer Reihe von innenpolitischen Manövern Suhartos. Dazu gehört auch der Versuch mit der Oppositionsgruppe 'Petisi 50', deren Mitglieder mehrheitlich ehemalige Weggefährten Suhartos sind, die Friedenspfeife zu rauchen. Die indonesische Presse widmete diesem Ereignis wochenlang ihre Aufmerksamkeit.
Der gerade zurückgetretene Chef des Instituts für Rechtshilfe LBH, Abdul Hakim Garuda Nasution, äußerte, die große Bedeutung, die dem Treffen von Mitgliedern der 'Petisi 50' mit Mitgliedern der Regierung und der Militärführung eingeräumt werde und es zur Titelgeschichte der Printmedien und zum wichtigstem Gesprächsthema werden ließ, als 'irreführend' /Tiara, 1.- 14.8.93/.
Bezeichnenderweise versuchte Suharto als Saubermann aufzutreten. Jahrelang durften die Mitglieder der Oppositionsgruppe nicht ins Ausland reisen - praktisch seit ihrem politischen Auftreten Anfang 1980. Daß sie nicht ins Ausland reisen durften, habe Suharto nicht befohlen, erklärte Suharto. Wer sonst? Der indonesische Geheimdienst 'Bakin' unter dem ehemaligen Oberbefehlshaber General Benny Murdani? Man kann den Eindruck gewinnen, daß das vergiftete politische Klima ein Werk von General Benny Murdani war.
Abdurrahman Wahid, der Chef der größten islamischen Organisation Nadhlatul Ulama, bestreitet diesen Vorwurf. "Das war nicht das Werk des Geheimdienstes, sondern die kollektive Verantwortung der Regierung", erklärte er /Forum, 5.8.93/.
Ein anderes politisches Manöver ist Suhartos Dialogangebot an die Nicht-Regierungsorganisationen (NRO). 20 Aktivisten von 15 NROs wurden am 21.7.93 vom Minister für Entwicklungsplanung, Ginandjar Kartasasmita, eingeladen. Unter anderem gehörten LP3ES, Bina Desa, Bina Swadaya, Skephi und Walhi zu den NROs, die der Einladung gefolgt waren. Die Regierung braucht ihre Ideen für die zukünftige Politik des Präsidenten bezüglich der Armut auf dem Lande.
Das Treffen war vor allem interessant, weil die Regierung zum ersten mal bereit war, einen Dialog mit den NROs zu suchen. "Kam das Treffen durch den Druck aus dem Ausland zustande?", fragte die Zeitschrift Editor. "Keiner hat Druck ausgeübt", antwortete ein Regierungsvertreter. Nasikun, Professor an der Gajah-Mada-Universität, hält es allerdings sehr wohl für möglich, daß Druck aus dem Ausland der Anlaß war. Zumindest die Auslands- Aktivitäten der NROs selbst seien als Grund zu sehen /Editor 31.7.1993/.
Suhartos Handeln ist die Reaktion auf den immer stärker werdenden Druck der Nicht-Regierungsorganisationen sowohl im eigenen Land als auch im Ausland. Vor allem aber spielt Washington eine wichtige Rolle. Der ökonomische Druck der Amerikaner bringt Jakarta in Bedrängnis.
Seit der Wahl von Bill Clinton werden außer den Geschehnissen in Ost-Timor auch eine Reihe anderer Menschenrechtsverletzungen in Indonesien angeprangert. Beispielsweise wurde Indonesien von Washington vorgeworfen, keine freien Gewerkschaften zuzulassen /Radio Hilversum, 12.8.93/.
Das jüngste Beispiel hierfür wurde von der amerikanischen Botschaft in Jakarta beobachtet. 40 Ordnungskräfte, bestehend aus Polizei und Soldaten, haben den Kongreß der freien Gewerkschaft SBSI (Serikat Buruh Sejahtera Indonesia) vor den Augen amerikanischer und australischer Botschaftsangehöriger sowie Mitgliedern des internationalen Gewerkschaftsbundes ILO Anfang August aufgelöst. Die SBSI hat 36.000 Mitglieder und 79 Bezirksorganisationen. /Tempo, 7.8.93/
Eben weil die Regierung keine freien Gewerkschaften zulasse, können die Löhne sehr niedrig gehalten werden, was sich wiederum auf die Preise niederschlage, argumentieren die Amerikaner. Dadurch enstehe ein unfairer Wettbewerb auf dem amerikanischen Markt, vor allem weil Indonesien einen Sonderstatus mit niedrigen Einfuhrzöllen genieße.
Washington fordert von Indonesien deshalb die Zulassung freier Gewerkschaften nach ILO-Standard. Wenn nicht, droht Clintons Regierung, werde der Sonderstatus gestrichen. Das bringt natürlich einige indonesische Exporteure, die im USA-Geschäft aktiv sind, in eine unangenehme Situation. Denn bislang machten die Amerikaner ihre Drohungen gegenüber Suhartos Regime wahr. Wegen der Menschenrechtsverletzungen in Indonesien und Ost-Timor hat Clinton u.a. die Kürzung der Wirtschaftshilfe beschlossen, die militärische Ausbildung für Indonesier in Amerika gestoppt und zuletzt ein Verkaufsverbot für F-5-Kampfflugzeuge erlassen, die ursprünglich von Jordanien an Indonesien verkauft werden sollten /Radio Hilversum, 12.8.93 und The Times, 18.8.93/. Neben diesen Maßnahmen versuchen die Amerikaner auch die japanische Regierung zu beeinflussen, noch stärkeren Druck auf Indonesien auszuüben /Radio Hilversum, 12.8.93/.
Daß Ost-Timor bald unabhängig wird oder durch Selbstbestimmung eine bessere Lösung gefunden werden könne, prophezeiten jüngst Prof. Ben Anderson von der Cornell-University, New York, und Prof. Daniel Lev von der University of Washington, Seattle, während der internationalen Ost-Timor-Konferenz in Lissabon Ende Juli, an der auch VertreterInnen von Watch Indonesia! teilnahmen.
Begründen läßt sich die Hoffnung der beiden Indonesien-Experten mit Suhartos - noch unter dem Eindruck seines Treffens mit Bill Clinton während des G-7-Gipfels in Tokio stehend - vor kurzem geäußerter Bemerkung, Indonesien sei nur als Gast nach Ost-Timor gekommen. Als 'Gast' bedeutet nach fernöstlicher Sitte, daß Indonesien - egal, ob eingeladen oder nicht - selbstverständlich wieder nach Hause gehen muß /Radio Hilversum, 13.8.93/. <>
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