Indonesien-Information - September 1993 (Wirtschaft)
aus: TAZ vom 13.07.1993
Mit der Weltbank auf du und du
Neue Qualität?
Berlin (taz) - Bei der Weltbank stand gestern in Washington eine Umorientierung
auf der Tagesordnung. Die multinationalen Bankiers wollen den "erschreckenden
Qualitätsverfall" bei der Umsetzung ihrer Programme gegen die Armut
aufhalten. Bereits in der vergangenen Woche haben sich die Aktionärsländer
auf ein neues Programm mit dem Namen "Next Steps" (Die nächsten Schritte)
geeinigt, das gestern nach Redaktionsschluß abgesegnet werden sollte.
Das Programm könnte weitreichende Konsequenzen für die Geschäftsführung
der Weltbank haben. "Verbesserte Umsetzung" und "Transparenz" heißen
die Schlagworte. Demnach will man die Programme in der Dritten Welt künftig
genauer beobachten und den LeiterInnen der Projekte "Aufstiegschancen als
Anreiz" bieten. Beförderungen sollen ab sofort nicht mehr vom Kreditumfang,
sondern von der Qualität der damit finanzierten Projekte abhängen.
Außerdem soll ein unabhängiges Inspektorat eingerichtet werden,
das jedoch noch umstritten ist und vermutlich erst auf der Jahreshauptversammlung
im September verabschiedet wird. Die Geschäftsführung der Weltbank
favorisiert dagegen eine Beschwerdekommission, an die sich Bürgerinitiativen,
Umweltgruppen und Menschenrechtsorganisationen wenden können. Die
Kommission soll freilich nicht unabhängig sein, sondern dem Weltbank-Vorstand
unterstellt werden. Umweltgruppen haben das Programm "Next Steps" heftig
kritisiert, weil es sich nach wie vor zu stark auf den finanziellen Bereich
konzentriere und die Stoßrichtung der Entwicklungskredite vernachlässige.
Mangelnde Effizienz war den 7.000 MitarbeiterInnen der Bank im letzten
Herbst sogar von einem internen Untersuchungsausschuß unter dem damaligen
Weltbank-Vizepräsidenten Willi Wapenhans bescheinigt worden. Die Weltbank
schiebt seit Jahren rund 1.800 unerledigte Projekte mit einem Investitionsvolumen
von insgesamt 380 Milliarden US-Dollar vor sich her, hieß es in dem
Bericht. Als Hauptursache für die zähe Kreditvergabe machten
die Autoren die von der Weltbank in den Entwicklungsländern in Gang
gesetzten Strukturanpassungsprogramme aus. Die daraus resultierenden drastischen
Sparmaßnahmen hätten zur Folge, daß die Regierungen der
Entwicklungsländer ihre Eigenbeiträge zu Entwicklungsprojekten
nicht mehr finanzieren könnten. Doch gerade die Länder, die selbst
Initiativen zur Armutsbekämpfung ergreifen und somit die Programme
der Weltbank unterstützen, machen nach Aussage des Weltbankpräsidenten
Lewis Preston die größten Fortschritte. Als Beispiele nannte
er Indonesien, China, Mexiko und El Salvador.
Ralf Sotscheck