Indonesien-Information - September 1993 (Bildung)

Diplomarbeits-Recycling

Mit schnell zu erlangenden akademischen Titeln lassen sich gute Geschäfte machen - zumindest in den Trödlerläden wie im 'Shopping Centre' Yogyakarta.

Die Polizei durchsuchte bei einer Razzia 9 Trödlerläden in Yogyakarta, nachdem ein Absolvent der Univeristas Islam Indonesia sich wunderte, seine Diplomarbeit dort gefunden zu haben /Jakarta-Jakarta, 24.-30. April 93/. Ein weiterer Grund für die Polizeiaktion das gefälschte Zeugnis eines Dozenten der Universitas Hasanudin, der seine Doktorarbeit an der Gajahmada Universität schrieb /Tempo, 1.5.93/.

Die Polizei entdeckte und beschlagnahmte 1.197 Diplomarbeiten (Skripsi) aus verschiedenen Universitäten. Gegen die Händler können Strafen bis höchstens 5 Jahren Haft oder Geldbußen in Höhe von 50 Millionen Rupiah (ca. 40.000 DM) verhängt werden /Jakarta-Jakarta, 24.-30. April 93/.

Die Arbeiten waren alt oder stammten von Studenten, von denen angenommen wurde, daß sie nicht mehr in Yogyakarta lebten. Man vermutete, daß die Arbeiten von Mitarbeitern der Uni selbst verkauft worden waren /Tempo, 1.5.93/. Die Diplomarbeitsbörse ist lukrativ: Pro Stück kosteten die Arbeiten zwischen 800 und 1.500 Rupiah, der Verkaufserlös lag dagegen bei bis zu 25.000 Rupiah. "Mein Geschäftsfreund konnte sogar ein Exemplar für 50.000 Rupiah verkaufen," sagte ein Händler /Jakarta-Jakarta, 24.-30. April 1993/.

Einige Händler bestritten, gegen das Gesetz verstoßen zu haben, da sie nicht wußten, daß der Handel illegal war. Sie hatten die Arbeiten von Altpapierhändlern gekauft. Das Kilo kostete 5.000 Rp. (ca. 4 DM). Beim Weiterverkauf scheinen die Händler allerdings über den Wert ihrer Ware besser Bescheid gewußt zu haben, immerhin wurden von Diplom-Kandidaten Preise zwischen 10.000 bis 25.000 Rp. verlangt. Oft nachgefragte Arbeiten wurden vervielfätigt /Tempo, 1.5.93/.

Die Käufer waren StudentInnen aus Jakarta, Yogya, Solo, Bandung und anderen kleineren Städten. Evi, eine Absolventin der Hochschule für Wirtschaft in Jakarta, gab zu, daß sie eine Arbeit in Yogyakarta gekauft und abgeschrieben hat. "Wozu soll man eine richtige und mühsame Arbeit schreiben? Bei der Ungewißheit, einen Job zu finden!", begründete sie frech. Sie hatte Glück. Mit ihrer gefälschten Arbeit aus dem Trödlerladen in Yogyakarta bestand sie die Prüfung und arbeitet jetzt in einer Bank in Jakarta /Tempo, 1.5.93/.

Barjo, ein Chemiestudent aus Surabaya, gab zu, daß seine Arbeit ebenfalls aus Yogyakarta stammte. Er fuhr extra dorthin, um eine Arbeit zu kaufen. "Ich habe die Arbeit eines Diplom-Kandidaten der Gajahmada Universität gekauft," erzählte er und zeigte die gekaufte und seine eigene Arbeit. Titel und Inhalt waren bei beiden gleich. Der einzige Unterschied war in der Schrift zu finden. Die Arbeit aus Yogyakarta war mit Schreibmaschine, seine eigene dagegen mit einem Computer geschrieben. Ende April konnte Barjo seine Arbeit vor dem Prüfungsausschuß vorstellen und bestand damit seine Diplom-Prüfung /Tempo, 1.5.93/.

Die Praxis des Abschreibens wurde innerhalb der Studentenschaft als normal empfunden. Einige zahlten Schmiergelder an Mitarbeiter der Universität, damit sie Arbeiten ausleihen und kopieren konnten. Die Universitätsordnung verbietet es nämlich, Arbeiten außerhalb der Bibliothek mitzunehmen. Arbeiten aus bekannten Universitäten wie der Universitas Indonesia (Jakarta), der Univeristas Gajahmada (Yogyakarta), dem Institut Teknologi Bandung (Bandung), dem Institut Teknologi Surabaya (Surabaya) oder der Universitas Diponegoro (Semarang) sind begehrte Fälschungsobjekte. "In der Regel kopieren die Studenten gleichzeitig fünf Arbeiten. So hat man eine Reserve. Falls eine Arbeit abgelehnt wird, kann man eine der anderen Arbeiten anbieten", sagte Barjo /Tempo, 1.5.93/. <>

 
 
 
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