Indonesien-Information - September 1993 (NGOs/Menschenrechte)

Nach der Wiener Welt-Menschenrechtskonferenz:

Die indonesischen NROs eröffnen eine neue Front

Die NROs (Nicht-Regierungsorganisationen) Indonesiens gingen auf Konfrontationskurs gegen die Regierung und eröffneten damit eine neue Ära des Kampfes um die Demokratie in Indonesien. Wien machte es möglich, daß die zersplitterte NRO-Szene in Indonesien sich zu einer gemeinsamen Aktion zusammenfand.

Hunderte Nicht-Regierungsorganisationen (NRO) aus Asien und dem pazifischen Raum kritisierten die Rede über die Menschenrechte des indonesischen Außenministers Ali Alatas. Die NROs aus diesem Erdteil bezeichneten die Rede des Ministers als "leere Rhetorik" und bewerteten sie als den Versuch, eine schöne Verpackung zu verkaufen, denn sie beschreibt die tatsächliche Menschenrechtssituation in Indonesien.

Einen Tag vor dieser kritischen Erklärung ermahnte der Vertreter Jakartas, der zugleich als Vertreter der 108 Blockfreien-Staaten auftrat, die mächtigen Staaten, sich nicht mit dem Vorwand der Menschenrechte in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten einzumischen und sie danach zu beurteilen. Seine Rede widersprach damit der Rede des UNO-Generalsekretärs Butros Ghali, der sich für die stärkere Einhaltung der Menschenrechte einsetzte. Scharfe Kritik übte der US-Außenminister Warren Christopher, der zugleich mit Sanktionen gegen die Staaten drohte, die die UNO-Deklaration nicht achteten. Als ein Vertreter der NROs aus Asien und dem pazifischen Raum bemerkte Adnan Buyung Nasution, der indonesische Außenminister entfremde sich von der Welt und finde keine Unterstützung.

Mit der gemeinsamen Erklärung der NROs aus Asien und dem pazifischen Raum wurde die Kluft zwischen den NRO-Vertretern aus Indonesien und der Position der indonesischen Regierung in der Frage der Menschenrechte deutlich /Radio Niederlande, 16.6.93/.

Vor ihrer Abreise nach Wien haben 56 indonesische NROs eine gemeinsame 12 Seiten starke Erklärung verfaßt. Viele bekannte NROs, die sich in allen Lebensbereichen engagieren, waren als Unterzeichner der Erklärung mit dem Titel "NROs für Demokratie in Indonesien" (IN-DEMO) aufgeführt. Die Bezeichnung "für Demokratie" ist kein Zufall. Sie erinnert an die Bürgerbewegungen unter den autoritären Regimen während der Demonstrationen auf dem Tian An-men in China 1989 und in Thailand im vergangenen Jahr.

In ihrer Erklärung für Wien haben sich die 56 NROs für die Einhaltung der universellen Menschenrechte entsprechend der UNO-Deklaration von 1948 eingesetzt, die auch von Indonesien mitunterzeichnet wurde. Danach gelten die Menschenrechte unabhängig vom Staat. Diese UNO-Deklaration solle von allen Gruppen, also auch dem Staat, respektiert werden, hieß es in der Erklärung. Weiter hieß es, die Menschenrechte können nicht in soziale-, kulturelle, kommunale- und andere Rechte unterteilt werden. Damit widersprach die Erklärung der Interpretation der indonesischen Regierung und den "Menschenrechten nach asiatischer Version" wie sie in der Bangkok-Deklaration der ASEAN-Staaten formuliert wurden. Zugleich sprach sich Adnan Buyung Nasution für die Bildung eines UNO-Kommissariats für Menschenrechtsbelange aus, um die Realisierung der Menschenrechte zu beobachten /Radio Niederlande, 8.6.93/.

Mit der Wiener Konferenz begann zweifellos eine neue Ära für die indonesischen NROs. Zum ersten Mal war für sie Ost-Timor kein Tabu-Thema mehr. Sie unterzeichneten sogar eine Erklärung, in der gefordert wird, daß die indonesische Armee aus Ost-Timor abgezogen wird. Mehr noch: nicht nur die Enttabuisierung des Ost-Timor-Problems wurde erreicht, sondern auch die Bereitschaft der NROs die internen Probleme in Indonesien vor einem internationalen Forum öffentlich zu machen und die Menschenrechtsverletzungen anzuprangern. Das bedeutet, daß die NROs in Indonesien sich von der Regierungsparole "keine schmutzige Wäsche nach draußen hängen" oder "right or wrong, it's my country" distanzieren und zunehmend auf Konfrontationskurs zu Suharto gehen.

Man erinnert sich noch an die Zeiten der IGGI (the Inter-Governmental Group on Indonesia), in der die Niederlande den Vorsitz hatte. Das Gegenstück war die INGI (ein Zusammenschluß indonesischer und westlicher NROs). Zu dieser Zeit kritisierte die INGI die indonesische Regierung nur vorsichtig, da aufgrund eines Gesetzes von 1985 die NROs um ihre Finanzhilfe, die sie überwiegend aus Holland bekamen, fürchten mußten. Die Spenden der Holländer beispielsweise machten 90 % der Ausgaben des Instituts für Rechtshilfe (YLHB) aus. Damals gab es eine Spaltung innerhalb der NROs, da um der Spenden Willen die großen NROs eine 'sanfte' Politik gegenüber der Regierung verfolgten, während die 'armen' NROs wie INFIGHT eine radikalere Stellung einnahmen.

Seit die Holländer ihre "Entwicklungshilfe rücksichtslos als Instrument der Einschüchterung und Bedrohung Indonesiens" einsetzten, u.a. wegen des Dili-Massakers und den Monopolen der Familie Suharto für Nelken, Apfelsinen und Fernsehgebühren, verzichtete Indonesien am 24.5.92 auf die Hilfe aus Holland. Das bedeutete auch das Ende des Gremiums der IGGI (siehe Indonesien-Information Mai92). Stattdessen wurde die CGI (The Consultative Group on Indonesia) gegründet. Als Ersatz für die Holländer sind fünf neue Mitglieder (Süd-Korea, the Kuwait Fund for Arab Economic Development, the Nordic Investment Bank und the Islamic Development Bank) hinzugekommen. Dadurch kann Jakarta nun auf fortlaufende ausländische Finanzhilfe ohne "innere Einmischung" in Sachen Verletzung der Menschenrechte hoffen.

Für die NROs Indonesiens, die in der INGI saßen, war die internationale Ebene praktisch gestorben. Wien ist ihre neue Hoffnung, um die Demokratisierung in Indonesien zu beschleunigen. Seit Wien machen die ehemals zerstrittenen 'sanften' und 'radikalen' NROs gemeinsame Sache. <>

 
 
 
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