Suciwati: „Die Regierung nutzt die Justiz als Mauer aus, um sich vor Strafverfolgung zu schützen“
Kurz belichtet, 17. März 2017
Diskussionsveranstaltung: ‚Räume für die Zivilgesellschaft schaffen: zivile Freiheiten in Indien und Indonesien‘,
Berlin, 27. Februar 2017Indien und Indonesien – zwei Demokratien – Aber bedeutet Demokratie auch Freiheit und Sicherheit für zivilgesellschaftliche Organisationen und Menschenrechtsverteidiger?
Indien und Indonesien sind zwei der größten Demokratien im asiatischen Raum und in der Welt. Allerdings ist zu beachten dass dies nicht gleichbedeutend mit der Garantie politischer und ziviler Freiheiten eines Rechtsstaates ist. Die Regierungen beider Länder stellen sich nach außen gerne als Verteidiger der demokratischen Werte dar. Im Inland berichten zivilgesellschaftliche Organisationen jedoch von verschiedenen Formen der Einschränkungen ihrer Aktivitäten und Drangsalierung von Personen, die sich für Menschenrechte, soziale Gerechtigkeit und Umweltschutz einsetzen. Diese Entwicklung – oftmals bezeichnet als shrinking space – ist mittlerweile zu einem globalen Trend geworden.
In Indien nutzten staatliche Stellen 2015 u.a. das Gesetz über Finanzierung aus dem Ausland (Foreign Contribution [Regulation] Act – FCRA), das finanzielle Zuwendungen an NGOs aus dem Ausland einschränkt, um Organisationen und engagierte Bürger zu schikanieren. Hohe Gerichte urteilten, dass einige dieser Maßnahmen, wie Ausreiseverbote und Bankkontensperrungen, widerrechtlich waren. Das Innenministerium annullierte die FCRA-Registrierung Tausender NGOs unter dem Vorwurf von Verstößen gegen das Gesetz. Im April 2015 ordnete das Ministerium an, dass finanzielle Zuwendungen bestimmter ausländischer Hilfsorganisationen künftig durch das Ministerium genehmigt werden müssten.
Am 7. September 2004 wurde einer der bekanntesten indonesischen Menschenrechtsverteidiger, Munir Said Thalib auf einem Flug in die Niederlande in einem Flugzeug der staatlichen Airline Garuda mit Arsen vergiftet. Seine Witwe, Menschenrechtsverteidigerin Suciwati, kämpft seitdem für genaue Ermittlungen des Mordes und für die Verurteilung der Täter. Drei der Täter waren nach massivem Druck und zähem, jahrelangem Ringen vor Gericht gestellt und verurteilt worden, aber die mutmaßlichen Hauptdrahtzieher sind bis heute frei. Die verurteilten Täter haben z.T. von großzügigen Amnestien profitiert. Es gibt Hinweise auf die Beteiligung des staatlichen Geheimdienstes an dem Mord. Frühere Mitglieder des Untersuchungsteams bestätigten, dass es ein Dokument gab, das Namen von Staatsbeamten erwähnte, die mutmaßlich verantwortlich waren für das Planen des Mordes. Jedoch war plötzlich der Verbleib dieses Dokumentes unklar. Das Staatssekretariat, welches zuständig ist für die administrativen Dokumente der Regierung, erklärte es als verloren. Der Bericht eines unabhängigen Untersuchungsteams über den Mord an Munir von 2005 ist deshalb bis heute nicht veröffentlicht worden.
Was sind die Herausforderungen der heutigen Demokratie in beiden Ländern? Welche Möglichkeiten hat die Zivilgesellschaft in solch einer Umgebung? Welchen Einfluss hat die internationale Gemeinschaft in dieser Situation?
Um diese Fragen zu klären hatte Watch Indonesia! in Kooperation mit Amnesty International e.V. zu einem Diskussionsabend eingeladen. Über den aktuellen Stand in Indonesien und Indien informierten Suciwati, indonesische Menschenrechtsverteidigerin, Witwe des 2004 ermordeten indonesischen Menschenrechtsaktivisten Munir Said Thalib, und Michael Gottlob, Indien Ko-Gruppe Amnesty International.
Programm:
- Begrüßung und Kurzeinführung von Esther Hoffman, Amnesty International Deutschland
- Vortrag von Michael Gottlob, Amnesty International Deutschland, Indien Ko-Gruppe
- Vortrag von Suciwati (aktuelle Menschenrechtslage in Indonesien und aktueller Stand des Falls Munir: hier)
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