Die Bakrie-Gruppe
Suara Nr. 1/09, August 2009
von Marianne Klute
Die Bakrie-Gruppe eignet sich hervorragend dazu, einen Einblick in das Zusammenspiel von Politik und Wirtschaft in Indonesien zu bekommen. Sie bietet ein Lehrstück über indonesische Geschäftspraktiken, die auf der Grundlage der Ausbeutung der Ressourcen beruhen, einzig und allein zur persönlichen Bereicherung. Sie demonstriert den Mangel an politischem und wirtschaftlichem Willen, ein stabiles und verantwortliches Wirtschaftssystem zu gestalten. Darüber hinaus verschafft das Studium der Bakrie-Gruppe Einsichten in das Engagement internationaler Financiers in Umweltzerstörung und Menschenrechtsverletzungen in Indonesien.
Gegründet wurde das erste Bakrie-Unternehmen bereits 1942 von Achmad Bakrie. Die Bakrie-Gruppe ist eine der ältesten Gruppen mit einer indonesisch-stämmigen Führung und somit fast eine Ausnahme in einem Umfeld von meist chinesisch dominierten Wirtschaftsunternehmen. Kenner betrachten die Bakrie-Gruppe als eine der erfolgreichsten, aber auch kontroversesten indonesischen Konglomerate.
Aburizal Bakrie, Sohn des Gründervaters, führte die Bakrie-Gruppe zu ihrem gegenwärtigen Stand. Innerhalb der politischen Kreise unter Diktator Suharto (1965-1998) groß geworden, war er zum Ende der Suhartozeit Leiter der Handelskammer (Kadin). 1999 übernahm er die Leitung des Familienimperiums Bakrie & Brothers, gab sie 2004 an Familienangehörige ab, als er unter dem derzeitigen Präsidenten Susilo Bambang Yudhoyono Wirtschaftsminister wurde. 2005, nach einer Kabinettsumstrukturierung, wurde er zum Koordinierenden Minister für Soziale Wohlfahrt ernannt.
Aburizal Bakrie nutzte in seiner Karriere die steigende Nachfrage nach genau den Produkten, die das Wirtschaftswachstum in Entwicklunsgländern anheizen können: Bodenschätze, Energie, Kommunikation, Immobilien und Agrarprodukte. Bakrie Sumatera Plantations ist mit Kautschuk und Palmöl der Agrarzweig des Bakrie & Brothers Imperiums. Bakrie & Brothers ist außerdem Hauptanteilseigner an PT Bumi Resources (Kohle), PT Bakrieland Development (Immobilien und Investment); PT Energi Mega Persada (Energie, Erdöl, Gas) und PT Bakrie Telecom (Mobiltelefone).
Während der Asienkrise von 1997/1998 war Bakrie & Brothers dem Zusammenbruch nah. Die Gruppe war nicht in der Lage, die – meist ausländischen – Schulden von 1,2 Mrd. US$ zu begleichen. Aburizal Bakrie, zu der Zeit Leiter der Indonesischen Handelskammer, unterwarf die Holdings einer harten Schuldenumstrukturierung. Der Prozess konnte 2000 abgeschlossen werden, nachdem die Gläubiger, u.a. auch die Deutsche Bank, die Dresdner Bank und die Westdeutsche Landesbank Girozentrale, einem „exchange of debt for equity deal“ zustimmen konnten. Mittels eines „master special purpose vehicle“ wurden aus Gläubigern Eigner. Sie hielten insgesamt 80% Anteile in den wichtigsten Sparten, darunter an den Bakrie-Unternehmen Bakrie Sumatera Plantations, Bakrie Electronics Company, Bakrie Kasei Corp, Arutmin Indonesia (Kohle) und Iridium LLC.
PT Bakrie Sumatera Plantations war nach dem Umstrukturisierungsprozess 2000 zu 5,4 % in der Hand der ehemaligen Gläubiger. Schon 2001 konnte Bakrie Anteile zurückkaufen. Wirtschaftsleute in Indonesien munkeln, Aburizal Bakrie und sein Imperium wandele jede Krise in einen Höhenflug um. So hat ihm der Ausbruch des Schlammvulkans am 29. Mai 2006 in Sidoarjo, Ostjava, bei dem zwölf Dörfer unter Schlammmassen begraben wurden und Zehntausende von Menschen ihr Heim verloren, keineswegs geschadet. Im Gegenteil, nur ein Jahr später stufte das Forbes Magazin Aburizal Bakrie als reichsten Mann Indonesiens ein.
Bakries Position von 2007 als Nummer Eins der Reichsten Indonesiens ist in erster Linie der aggressiven Expansion im Kohlesektor geschuldet. Nicht lange nach der erfolgreichen Umschuldung von Bakrie & Brothers erlebte Indonesien eine emotionale Kampagne gegen internationale Unternehmen. Rufe nach einer Nationalisierung der Ressourcen ausbeutenden Industrien wurden laut. Ausländische Firmen standen unter enormem Druck, sich aus Indonesien zurückzuziehen. Der Gewinner war Bakrie. Seiner Kohlegruppe Bumi Resources gelang 2001 der Erwerb von 80% der Anteile an PT Arutmin Indonesia, und 2003 kaufte Bumi Resources PT Kaltim Prima Coal von BP und Rio Tinto. Seither ist Kohle Bakries Primadonna, und Bakries Bumi Resources ist Indonesiens größter Kohleproduzent.
Damit nicht genug ist Bumi Resources seit 2008 Hauptanteilseigner am australischen Bergbauunternehmen Herald Resources. 2009, inmitten der globalen Finanzkrise, in der so viele andere Unternehmen aufgeben müssen, kaufte Bakrie drei indonesische Kohlefirmen zu einem fünffach überhöhten Marktpreis. Die Finanzierung wurde durch US-amerikanisches und europäisches Kapital im Rahmen eines Umstrukturierungsprozesses von Bakrie & Brothers, inklusive einer erneuten Umschuldung, ermöglicht.
Wie Bakrie es geschafft hat, 2001 seine Anteile zurückzukaufen und 2008/2009 Kapital für die Expansion in Kohle und Palmöl flüssig zu machen, ist für uns nicht transparent. Die Asienkrise hat laut Wirtschaftsmagazin „Bisnis Indonesia“ aus einem Bankrotteur einen Himmelsstürmer gemacht; die aktuelle globale Krise hat zumindest einen Gewinner: Bakrie, während Sei Kopas und Sidoarjo ungelöste „Fälle“ bleiben.
Das wohlwollende Interesse internationaler Banken an Bakrie und der aktuellen Expansion im Bereich Palmöl ist nicht verwunderlich. Die Banken werden jedoch Schwierigkeiten haben, mit Bakrie zu ihrer sozialen, ökologischen und sozialen Verantwortung zu stehen. (siehe auch: http://www.thejakartapost.com/news/2000/11/29 /bakrie-creditors-approve-108-billion-debt-deal. html und http://web.bisnis.com/artikel/2id1659. html).