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Information und Analyse, 20. September 2018

Propagandaveranstaltung für Palmöl in der Botschaft Indonesiens

 von Alex Flor

Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral (Bertolt Brecht)

KBRI BERLIN_Seminar Sawit 2018Um es vorweg zu sagen: ich bin kein Freund von Verschwörungstheorien. Es liegt mir fern, eine geplante Absicht dahinter zu vermuten, wenn die Botschaft der Republik Indonesien (KBRI) zeitgleich mit einer konkurrierenden Veranstaltung einlädt. Planung und Vorbereitung einer Veranstaltung brauchen Zeit. Das gilt für KBRI zweifelsohne ebenso wie für Watch Indonesia! Es ist daher praktisch auszuschließen, dass eine Veranstaltung zum Thema Palmöl am morgigen Freitag, den 21. September 2018, eine gezielte Reaktion auf unsere erst kürzlich angekündigte gleichzeitige Veranstaltung in der Theodor-Heuss-Bibliothek, Hauptstr. 40, 10827 Berlin sein könnte (https://www.watchindonesia.de/20091/im-rollstuhl-zu-den-orang-utans-2?lang=de).

In der Bibliothek in Berlin-Schöneberg wird Benni Over darüber berichten, warum es ihm wichtig war, nach Kalimantan zu den Orang Utans zu reisen. Die Autorin Christina Schott wird aus ihrem Buch »Im Rollstuhl zu den Orang Utans« nachzeichnen, wie und warum der schwer behinderte Benni Over diese anstrengende Reise antrat. Im Mittelpunkt der Veranstaltung wird nicht das Abenteuer eines Rollstuhlfahrers stehen, sondern vielmehr dessen Engagement für das Überleben der vom Aussterben bedrohten Orang Utans.

Warum sind diese uns so ähnlichen Menschenaffen vom Aussterben bedroht? Unter anderem deshalb, weil ihr natürlicher Lebensraum immer weiter abnimmt. Urwälder werden gerodet oder verbrannt, um dort Flächen zum Anbau von Ölpalmen zu gewinnen.

Pro-Palmöl

Wenngleich auch KBRI, die indonesische Botschaft, sich mit dem Schutz der Orang Utans schmückt, so steht doch die Förderung des Palmölexports ganz oben auf der Liste der wirtschaftspolitischen Interessen.

Auf Geheiß des Staatspräsidenten Joko Widodo reiste dessen Vertrauter, Luhut Panjaitan, General a.D. und derzeit Koordinierender Minister für maritime Angelegenheiten und Energie, kürzlich durch Europa, um vor den Konsequenzen eines mit großer Mehrheit des Europaparlaments vorgeschlagenen Ausstiegs aus der Palmölwirtschaft zu warnen. Bereits zuvor hatte Indonesiens Handelsminister Enggartiasto Lukita mit der Stornierung der Einkäufe von Flugzeugen der Airbus Industries gedroht. Mittlerweile wurde diese Drohung auch auf die US-amerikanische Firma Boeing ausgeweitet. Es wird spannend, von welchen Herstellern die expandierenden Fluggesellschaften Indonesiens ihren wachsenden Bedarf an Maschinen ordern werden, wenn die beiden Branchenriesen Airbus und Boeing gleichermaßen boykottiert werden sollen.

Erfolgreicher war bislang die Drohung einer Klage vor der Welthandelsorganisation (WTO). Indonesien und Malaysia, die beiden größten Exporteure von Palmöl sahen in dem Beschluss des Europaparlaments zum Stopp des Palmölimports für Kraftstoffe eine vertragswidrige Handelsbeschränkung. Kommission und Rat der EU zeigten sich alarmiert. Ein windelweiches Übereinkommen zwischen Kommission, Rat und Parlament der EU beschloss mittlerweile den schrittweisen Ausstieg aus der Beimischung von Palmöl zu Kraftstoffen bis 2030.

Nicht zufrieden

Indonesiens Regierung und interessierte Unternehmerverbände zeigen sich mit diesem Kompromiss der EU nicht zufrieden. Denn Palmöl steht derzeit für das höchste Deviseneinkommen im Staatshaushalt (Sawit penyumbang devisa terbesar. Ekspor sawit pada 2017 mencapai lebih dari Rp. 300 triliun; KBRI BERLIN Seminar Sawit 2018).

Es gilt daher Palmöl in den schönsten Tönen anzupreisen und gleichzeitig KritikerInnen zu diffamieren. Ein beliebtes Mittel ist es palmölkritische NGOs als anti-indonesische Kräfte und/oder im Dienste europäischer Rapsölbauern agierend darzustellen. Das passt wunderbar in den Trend der wirtschaftsnationalistischen Ausrichtung Indonesiens, die beide 2019 miteinander konkurrierenden Kandidaten auf die ein oder andere Weise bedienen.

Wer Kritik an der Palmölwirtschaft übt, ist praktisch ein Staatsfeind. Falls es sich dabei um Leute handelt, die nicht die indonesische Staatsbürgerschaft besitzen, ist der Fall ohnehin klar: ausländische Interessen, Gewinnstreben, Neokolonialismus …

Seminar Sawit 2018

Vor diesem Hintergrund lädt die indonesische Botschaft (KBRI) morgen ein ausgewähltes Publikum zu einem Seminar Sawit (Palmölseminar) in die Aula der Botschaft, Lehrter Str. 16-17, 10557 Berlin ein. Aber freilich nicht jede und jeden!

Ausdrücklich eingeladen sind ALLE Mitglieder der indonesischen Studentenvereinigung (PPI) in Deutschland. Darüber hinaus dürfen jeweils zwei VertreterInnen von Organisationen, die von der Botschaft als »indonesische Gemeinschaft« (Masyarakat Indonesia) verstanden werden, an der Veranstaltung teilnehmen. Darunter so palmölbewanderte Organisationen wie eine Gamelan-Musikgruppe und andere kulturelle Vereinigungen.

Als Sprecher eingeladen sind der Vertreter der Regierung Dr. Bayu Khrisnamurthi und Daniel May, in Diensten der giz tätiger Geschäftsführer von FONAP, dem deutschsprachigen Arm des unter heftiger Kritik stehenden Runden Tisches für Nachhaltiges Palmöl (RSPO).

Es irritiert, dass ein Vertreter der aus deutschen Steuermitteln bezahltengiz sich zur Teilnahme an solch einer Propagandaveranstaltung bereit erklärt, zu der keinerlei Stimmen aus der indonesischen Zivilgesellschaft, noch andere kritische Stimmen eingeladen sind.

Einladungspolitik

Die indonesische Botschaft (KBRI) verletzt wie zu Zeiten der Diktatur Suhartos die grundlegendsten Regeln der Demokratie:

  • Kritische Stimmen sind nicht erwünscht.

  • ZurMasyarakat Indonesia (indonesische Gemeinschaft) zählen nur Organisationen oder Einzelpersonen, die sich gegenüber der Botschaft als treu und ergeben erweisen.

  • AusländerInnen sind nur als BesucherInnen kultureller Veranstaltungen willkommen.

Wie effektiv eine solche Veranstaltung vor ausgesuchtem Publikum im Sinne der Palmöllobby ist, darf bezweifelt werden. Immerhin lässt sich nach Jakarta vermelden, dass sich KBRI Berlin für die Interessen der Palmölwirtschaft einsetzt. Fotos einer gut besuchten Veranstaltung werden in der Heimat auf Wohlgefallen treffen. Und daran, dass der Raum voll sein wird, gibt es keine Zweifel. Schließlich gibt es am Ende etwas zu Essen.


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