Suara Nr. 2/2008 (Umwelt)

 

„Zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel“

Wald in Papua

 

von Marianne Klute


Vor zehn Jahren, zum Ende der Suharto-Ära, war Papua im Vergleich zu anderen Gebieten Indonesiens noch dicht bewaldet. Nach Suhartos Rücktritt begann der Sturm auf das Tropenholz, und Papua wurde bevorzugtes Operationsgebiet einer internationalen Holzmafia. In Papuas Wäldern prallen nationale und lokale Interessen aufeinander, und Konflikte sind auf lange Sicht vorprogrammiert.
 

Die NGO Yalhimo widmete sich von 2001 bis 2003 einer Studie der sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Verhältnisse in mehreren Distrikten in der Cenderawasih-Bucht. Das Ergebnis lässt sich mit den Worten der Menschen dort wiedergeben: „Mati tra bisa, hidop tra mau” – „Sterben kann ich nicht, leben will ich nicht“, entsprechend unserer Redensart: Zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel. Der Grund: Im Rahmen der Sonderautonomie wurde 2001 der alte Distrikt in drei kleinere geteilt. Unmittelbar danach drang ein Holzunternehmen nach dem anderen in das Gebiet um die Cendrawasih-Bucht vor. Innerhalb der drei Jahre, die Yalhimo die Recherchen durchführte, veränderte der illegale Holzeinschlag das Leben der indigenen Bevölkerung. Sie verlor mit dem Wald den Zugang zu den Ressourcen, d.h. zu den Sagobäumen, Wurzeln, Jagdtieren und Pflanzenfasern. Konflikte brachen auf, die für die Zukunft nichts Gutes erwarten lassen.

Dieser konkrete Fall war für Yalhimo der Anlass weiterer Studien, aus deren Ergebnissen die NGO den Schluss zog, dass der Wald in Papua mit einer Geschwindigkeit abgeholzt wird, die sämtliche bisherigen Angaben in den Schatten stellt. Jede Minute, so fand Yalhimo damals heraus, wird allein im Vogelkopfgebiet eine Fläche von sechs Volleyballfeldern kahl geschlagen.

Ein erster großer Ansturm auf den Wald Papuas hatte schon drei Jahre vor den Recherchen Yalhimos eingesetzt, etwa zur Zeit des Rücktritt Suhartos. Innerhalb von drei Jahren stieg die Einschlagsmenge von Merbau auf das Dreizehnfache an, von 50.000 m3 im Jahre 1998 auf 660.000 m3 im Jahre 2001. Daraufhin (2001) wurde der Export von Merbau verboten, und Razzien im Rahmen einer mehrjährigen Polizeiaktion (OHL I, Operasi Hutan Lestari I) sollten dem illegalen Holzeinschlag Einhalt gebieten. Die offiziellen Exportzahlen gingen kurzfristig zurück, doch diese spiegeln nicht die wirkliche Situation wider. Die Maßnahmen hatten in Wahrheit eine gegenteilige, geradezu zerstörerische Wirkung.

Waren das Exportverbot von 2001 für Merbau und die Polizeiaktionen gegen die Holzmafia nur Augenwischerei? Dieser Eindruck drängt sich mit Gewalt auf, denn 2000 und 2001, zeitgleich mit dem Exportverbot und den ersten Polizeirazzien der OHL I, genehmigte das Forstministerium 54 neuen Unternehmen Holzeinschlagskonzessionen (HPH, Hak Pengusahaan Hutan). Diese Unternehmen haben Papua quasi unter sich aufgeteilt; zusammen beherrschen sie ein Drittel der Gesamtfläche von Papua.

Die Verteilung des Kuchens Papua unter die HPH hat Folgen. Seit 2001 wird derartig massiv abgeholzt, dass die Berechnungen Yalhimos längst nicht mehr stimmen. In dem Zeitraum von 2001 bis 2008, also in nur sieben Jahren, stieg der legale Holzeinschlag der HPH um das Zehnfache. Da die HPH im Allgemeinen die Basis für Missbrauch bilden, hat sich auch der illegale Holzeinschlag drastisch erhöht. Wir schätzen den Anteil des illegalen Holzes aus Papua auf 90%; nirgendwo sonst in Indonesien ist der Prozentsatz so hoch. Die Bevölkerung jedoch empfindet die Definition oft als Spitzfindigkeit, denn die Zerstörung des Waldes bedeutet die Vernichtung ihrer Lebensgrundlagen, und da ist es egal, ob legal oder illegal.

Nur wenige Jahre später wird monatlich so viel Merbau aus Papua geholt wie vor den Polizeirazzien der OHL I in einem halben Jahr. 2005 waren es den Angaben der Umweltorganisation Telapak zufolge 300.000 Kubikmeter Merbau in einem einzigen Monat, während das Forstministerium den Schmuggel mit allen Holzarten aus Papua sogar mit dem doppelten Volumen angibt – das sind 70% des gesamten aus Indonesien stammenden illegalen Holzes. Illegales Tropenholz aus Indonesien heißt also in den meisten Fällen: die Quelle liegt in Papua.

Die Abholzung, nicht nur von Merbau, ist so brutal, dass gerade die wertvollsten Arten wie Agarholz (Gaharu) kaum noch zu finden sind. Auch Merbau ist inzwischen gefährdet; indonesische Experten bemühen sich darum, dass Merbau in die CITES-Liste der bedrohten Arten aufgenommen wird, womit jegliches Merbau illegal werden würde.
 
Merbau (Intsia bijuga und Intsia palembanica), das einst in ganz Südostasien weit verbreitete Eisenholz, kommt heute nur noch auf Neuguinea (in Papua-Neuguinea und in den indonesischen Provinzen Papua und Papua Barat) und vereinzelt auf Borneo (kayu besi, fast ausgerottet) vor. In der Realität stammt Merbau fast ausschließlich aus Papua. Der indonesische Bestand ist nach Auffassung des World Conservation Monitoring Centre gefährdet. Merbauholz ist äußerst hart und haltbar und wird daher von Bauherren sehr geschätzt. In Deutschland wird Merbau vor allem von dem Unternehmen Tarkett in Frankfurt vertrieben. Da das Exportverbot weiterhin gültig ist, handelt es sich beim international gehandelten Merbau mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit um Schmuggelgut aus krimineller Quelle.

Wieviel Wald hat Indonesien?

1997/1998 ist dreifach in Indonesiens Geschichte eingegangen: 1. als der Beginn der Asienkrise, die 2. den Sturz Suhartos einläutete, und 3. als das El-Niño-Jahr mit den verheerenden Auswirkungen der Wetterlage auf die alljährlichen Waldbrände. Zwei Eckdaten kommen markanten Einschnitten in der Entwaldung Indonesiens gleich: 1985 und 1997. Bis 1985 hat Indonesien schon ein Drittel seiner Wälder verloren. Danach aber setzte eine neue Form großindustrieller Abholzung ein. Ursachen dafür waren neue technische Möglichkeiten, die Urwaldriesen zu bearbeiten, Investitionen internationaler Kapitalgeber in die Holz- und Papierindustrie sowie der Eintritt der Kinder und Cronies Suhartos ins Geschäftsleben. Diese schafften es mithilfe großflächiger Konzessionen, den Wald innerhalb von nur zwölf Jahren um 33% zu dezimieren.
 
 


Landmasse Indonesien = 1,919 Mio. km2 bzw. 192 Mio. Hektar

(= etwa die Fläche des australischen Kontinents)
 

davon bewaldet  
vor 1950
84 %
1985
60 %
1997
40 %
2008
< 20 %

Die Abholzung ist auf den einzelnen Inseln sehr unterschiedlich. Große zusammenhängende Regenwaldgebiete hatte Indonesien nach der Unabhängigkeit vor allem auf den Inseln Sumatra mit fast 80%, in Kalimantan mit etwa 94% und in Papua, das bis auf einige Savannen, Sümpfe und die wenigen Orte fast vollständig bewaldet war. In der Suharto-Ära floss ein Großteil der Tropenbäume Sumatras in die Papier- und Zellstoffindustrie und die Palmölindustrie.
 
 

 
1950
1985
1997
Ende*
Sumatra
79,7%
48%
35%
2005
Kalimantan
93,6%
74%
55%
2010
Papua
99,3%
85%
81%
2022
Java
38,1%
10%
14%
* Tieflandregenwald

Die Abholzung hat nach dem Sturz Suhartos im Zuge der Dezentralisierung und der damit verbundenen Anarchie im Forstwesen in allen Regionen drastisch zugenommen, nicht nur in Papua. In den letzten zwei, drei Jahren mussten so gut wie alle Holz verarbeitenden Betriebe auf Sumatra und in Kalimantan aufgeben – es gibt einfach nicht mehr genug Nachschub. Nennenswerten Tieflandregenwald hat Sumatra seit gut zwei Jahren nicht mehr zu bieten. Dagegen überziehen heute endlose Plantagen die Insel. In Kalimantan ist die Situation noch bedrückender. Mit dem Ende der Suhartozeit war dort die Hälfte des Waldes weg. Kalimantan besteht heute zu einem großen Teil aus degradiertem, ökologisch kritischem Land, und das Ende des Tieflandregenwaldes ist unmittelbar in Sicht. Insgesamt sind heute weniger als 20% des indonesischen Staatsgebietes bewaldet.

Die Analyse neuerer Satellitendaten ergibt, dass Papua nur noch zu 42% bewaldet ist. (Greenpeace und Forest Watch Indonesia, April 2008). Was vor zehn Jahren noch unvorstellbar war, ist für einige Gegenden Papuas heute Realität: degradierte Böden und ökologisch kritische Flächen mit nicht mehr intakten Ökosystemen. Wenn es in diesem Tempo weitergeht, hat Papua in weniger als fünfzehn Jahren keinen bedeutenden Regenwald mehr.

Wer ist Souverän über den Wald?

Die Ursachen für den Raubbau an Papuas Wäldern sind komplex: die hohe Nachfrage in den Konsumentenländern, die großen Gewinne aus Tropenholz und systemimmanente Schwächen des indonesischen Staatswesens. Weitere Ursachen sind in der indonesischen Verfassung und relevanten Gesetzen (Forstgesetz, Plantagengesetz, Bergbaugesetz) begründet, die Land, Wald, Wasser und deren Ressourcen als Eigentum des Staates betrachten. Der Staat hat also die Souveränität über das Land, nicht die Menschen.

Grundlage für alle Genehmigungen ist der Status des Waldes, der vom nationalen Forstministerium vorgegeben wird. Das indonesische Modell beruht auf einer rein an der Produktivität des Waldes ausgerichteten Haltung. Grob unterschieden wird zwischen 1. Produktionswald, in dem selektiv gefällt werden darf, 2. Konversionswald, der für den Kahlschlag freigegeben ist, um Platz für Plantagen zu schaffen, und 3. geschütztem Wald. Dabei ist der Status des Waldes nicht unbedingt identisch mit dem tatsächlichen Zustand.

Auf der Basis des Prinzips der Souveränität des Staates entscheidet Jakarta, entsprechend dem vorgebenen Status des Waldes, über die Vergabe von großflächigen Konzessionen, auch in den Provinzen. In der Folge ist Indonesien gänzlich aufgeteilt und an Unternehmen vergeben. Ein Blick auf die Karte der „Konzessionen“, s.u., zeigt, dass nur wenige Gebiete nicht in der Hand von Holz-, Papier-, Plantagen- und Minen-Unternehmen sind. Es gibt nur wenige „weiße“ Flecken, das Gros davon in Papua. Nur hier also ist noch was zu holen.

HPH-Konzessionen in Papua. Quelle: BABINKAM POLRI 2005

Die wichtigsten Genehmigungen im Waldsektor sind die so genannten Waldunternehmensrechte HPH (Hak Pengusahaan Hutan) und seit kurzem die sehr ähnlichen Waldnutzungsrechte IPK (Izin Pemanfaatan Kayu), in einer Größenordnung von i.A. 100.000 bis 1.000.000 Hektar, sowohl in Produktions- als auch Konversionswäldern. Der Besitz einer Konzession bedeutet jedoch nicht, dass diese wirklich genutzt wird. Ein aktuelles Beispiel sind die Ölpalmfirmen, die in Papua mehr als eine halbe Million Hektar besitzen, in der Realität aber kaum ein Zwanzigstel davon mit Ölpalmen bepflanzt haben.

Wer besitzt Papuas Wälder?

Bei einer Landmasse Papuas von 422.248 km2 bzw. 42,2 Mio. Hektar, was etwa der Fläche der Bundesrepublik und Österreichs zusammen entspricht, haben nach den Daten der indonesischen Regierung 32 Mio. Hektar den Status Wald (dagegen identifizieren Greenpeace und Forest Watch Indonesia auf neuen Satellitenaufnahmen nur noch 17 Mio. Hektar als Primärwald). Im Detail ist der Status wie folgt vergeben:

(siehe auch die detailliertere Karte zum Status des Waldes in Papua: http://www.west-papua-netz.de/images/upload/Papua_Waldkarte.jpg)

Nach Regierungsdaten sind in Papua an Holzunternehmen HPH über mehr als 14 Millionen Hektar vergeben: im Vogelkopfgebiet, um die Bintuni-Bucht, im Norden, sowie im Süden in Mappi und Boven Digul. Ausnahme ist nur das Hochland. Fast eine Million Hektar sind in den Händen der Papierindustrie, und mehr als eine halbe Million Hektar gehören Plantagenunternehmen. Dazu kommen noch die Konzessionen für den Berg- bzw. Tagebau. (siehe auch die Karte der HPH unter http://www.papuaweb.org/gb/peta/fwi/05.jpg).

Konzessionen

Die Praxis der Konzessionsvergabe durch die Zentralregierung hat, ungeachtet des tatsächlichen Zustandes des Waldes, zur Folge, dass die transnationalen Unternehmen Papuas Wälder quasi in Besitz genommen haben, die indigene Bevölkerung dagegen ihre Landrechte verliert. In Papuas Wäldern prallen deshalb nationale und lokale Interessen aufeinander, denn Jakarta behält sich das Recht der Souveränität über Land und Wald vor. Konflikte sind auf lange Sicht vorprogrammiert.

Die ersten großen HPH stammen schon von Anfang der 90er Jahre. Seit 2001 sprießen weitere Unternehmen wie Pilze aus dem Boden, und 2005 verfügten schon 73 Unternehmen über legale Papiere. Die großen Unternehmen stammen aus Indonesien, Malaysia und Korea. Einer der Konzessionshalter, die Djajantigruppe, kontrolliert allein zwei Mio. Hektar. Doch nicht nur die schiere Größe der Konzessionsgebiete ist atemberaubend, auch die Liste der Besitzer mit ihren nahen Verbindungen zur Suharto-Familie. So gehört die Alas Kusuma Grup dem Bruder von Ibu Tien Suharto, andere, wie das Unternehmen PT Hanurata im Besitz einer militärischen Stiftung, haben ebenfalls enge Verbindungen zu Cendana, der Residenz des kürzlich verstorbenen Diktators und seiner Familie. Niemand kennt jedoch die genaue Anzahl aller Akteure, die Papuas Wald abholzen, denn zu den Unternehmen im Besitz einer Konzession kommt noch eine nicht unbedeutende Anzahl illegaler Unternehmen.

Indonesische und internationale Konzerne, mächtige Wirtschaftsbosse aus Jakarta, lokale Politiker und Militärs in Papua - alle sind in das Geschäft verwickelt. Das Militär hat nicht nur eigene Unternehmen. Das Holzgeschäft in Papua ist nicht zuletzt deshalb so lukrativ für die Sicherheitskräfte, weil bis in die niedrigsten Ränge hinein am Holz verdient werden kann, auch indirekt, indem Soldaten die Dorfbürgermeister erpressen. Diese sind, ohne andere Einkommensquelle, gezwungen, Bäume zu fällen oder zu verkaufen. Für einen Kubikmeter Festholz bekommen die Papua zurzeit bloß 100.000 Rupiah (8 Euro), die Schmuggler 150-250 Euro. Das Endprodukt (Parkett mit Herkunftsnachweis Malaysia oder China, wo es überhaupt kein Merbau gibt) kostet pro Kubikmeter rund 2.000 Euro.

Wie kooperieren die Papuas?

Neben den vom Forstministerium in Jakarta vergebenen HPH-Konzessionsgebieten gibt es seit 2001, mit Einführung der Sonderautonomie, eine weitere Lizenz zum Holzeinschlag, die IPKMA (Izin Pemanfaatan Kayu berbasis Masyarakat Adat), die von den lokalen Behörden in Papua vergeben wird. Diese können selbst bestimmen, für welche Wälder traditionelle (Adat) Rechte gelten und den Gemeinden entsprechende Genehmigungen zur Nutzung auf der Basis traditioneller Rechte aussprechen, wenn diese kleiner sind als 100.000 Hektar (bis 2007: < 20.000 Hektar). Als Inhaber der IPKMA zeichnen so genannte Kopermas (Koperasi Peran Serta Masyarakat), eigens ins Leben gerufene Institutionen, um traditionelle Waldnutzungsrechte in den von lokalen Behörden bestimmten Adat-Wäldern auszuüben.

Vorgeblich sollten die IPKMA dazu dienen, dass auch die Bevölkerung im Holzsektor Fuß fasst. Weit verbreitet aber ist die Praxis, dass HPH-Unternehmen mit den Kopermas kooperieren, deren Lizenzen (IPKMA) benutzen und in deren Namen Papuas Wald abholzen. Obwohl Polizei und Forstbeamte in Jakarta der Ansicht sind, dass die IPKMA mit Beginn der ersten Polizeiaktionen nicht mehr ausgestellt werden dürfen und bereits existierende illegal sind, vergeben die lokalen Forstbehörden weiterhin die Genehmigungen. Gerade die größten Waldvernichter nutzen die Gelegenheit, mittels der den Dörfern per Sonderautonomie gewährten Rechte in großem Stil ganze Wälder zu fällen.

Die Grenze zwischen rechtlich abgesichertem Raubbau und illegalen Aktivitäten ist nicht einfach zu ziehen, denn HPH- und IPKMA-Konzessionsinhaber ergreifen gern jede Gelegenheit zum Kahlschlag beim Schopf. So gut wie alle (legalen) Unternehmen überschreiten den Rahmen ihrer Genehmigungen. Sie schlagen mehr als erlaubt ein, greifen auf nicht-genehmigte Wälder über, benutzen gefälschte Papiere und dergleichen. Die Frage nach der Legalität oder Illegalität von Holz gewinnt durch die Praxis der Konzessionsvergabe an Brisanz. Als illegal wird das Holz definiert, das über keine oder über gefälschte Papiere verfügt. Holz der Firma eines Multimillionärs aus Jakarta, Kuala Lumpur oder Seoul kann legales Holz sein, ebenso wie totaler Kahlschlag für die Anlage von Plantagen. Illegal ist Holz ohne Papiere, sogar gewöhnliches Brennholz für den Hausgebrauch könnte als illegal betrachtet werden. Besonders makaber, da die meisten Papua vollständig von den Naturressourcen abhängig sind.

Ob die IPKMA nun rechtens sind oder nicht, bleibt ein ungeklärtes Problem, bevor nicht entschieden ist, ob und wieso die nationale Forstpolitik sich vor dem Recht der Distrikte, Genehmigungen zu erteilen, beugen muss. Wenn das Merbau-Exportverbot des Forstministeriums generell gilt, sind die IPKMA der Kopermas das Papier nicht wert, auf dem sie gedruckt wurden, und die Legalität jedweden Holzeinschlags unter einer Kopermas-Lizenz bleibt in der Schwebe. Vernünftigerweise müsste jede Politik gegen den illegalen Holzeinschlag das Problem der Legalität im Vorfeld lösen und vorerst weitere Genehmigungen, ob an Großunternehmen oder an Dorfgemeinschaften, prinzipiell ausschließen.

Zyniker könnten den Missbrauch der Kopermas als schlagenden Beweis dafür anführen, dass die Sonderautonomie doch nicht ganz ohne Effekte verpufft ist; immerhin gelangen eine Reihe von Unternehmen auf diesem Weg an Dokumente. Im Vogelkopfgebiet sind dies nach Angaben der NGO Jasoil vor allem folgende Unternehmen: Marindo Utama Jaya und Sanjaya Makmur in der Bintuni-Bucht, Sumber Papua Gemilang und Hasil Alam Utama Lestari in der Wondama-Bucht, Bangun Kayu Irian und Sam Surya in Sorong Selatan. Und an der Spitze aller Holzräuber vor Ort im Vogelkopfgebiet steht das Unternehmen CV. Tambraw Unit I – VIII.

Wer ist der Held des Waldes?

Genau um die Praxis wissend, dass die Konzessionshalter im Besitz einer HPH oder IPKMA die Akteure der brutalen Abholzung Papuas sind, startete die Polizei eine weitere Operation (OHL II, Operasi Hutan Lestari II; dazu mehr im folgenden Artikel). Das Resultat: verrottendes beschlagnahmtes Holz, noch mehr Unsicherheit, und weiterhin Kahlschlag. Eins ist klar: mit Rambomethoden innerhalb Papuas allein sind die Illegalen nicht zu stoppen. Die Frage ist, kann die Entwaldung überhaupt aufgehalten werden, ohne einen Paradigmenwechsel der nationalen Forstpolitik, der staatlichen Souveränität über Wald und der Konzessionsvergabe durch Jakarta?

Das Gouvernement von Papua versucht dies anscheinend auf lokaler Ebene, sehr zum Unwillen Jakartas. Barnabas Suebu, seit Dezember 2006 Gouverneur der Provinz Papua, hat bald nach Amtsantritt ein Konzept zur nachhaltigen Forstwirtschaft vorgelegt, das er ausdrücklich als auf dem nationalen Forstgesetz und dem Gesetz zur Sonderautonomie beruhend definiert.

Prinzipien der neuen Forstpolitik der Provinz Papua

Ein Programm zum nachhaltigen Forstmanagement mit dem romantischen Titel „Ohne Bäume kein Leben“ liegt inzwischen auf dem Tisch. 1.500 Polizisten sollen als Ranger trainiert werden, und Singapur übernimmt das Law Enforcement. In Kürze sollen die notwendigen gesetzlichen Regelungen verabschiedet werden. Alles scheint auf einem guten Weg zu sein. Auch wenn nichts gelingen sollte, ist das Konzept allein durch die Aussage „Der Wald gehört den Menschen, nicht dem Staat” eine Herausforderung an die nationale Identität des indonesischen Staates.

Mit Beginn dieses Jahres gilt in Papua und Papua Barat (wieder einmal) ein Exportverbot. Suebu hat den Holzunternehmen harte Strafen angedroht, wenn sie seinem Ziel, den Kahlschlag zu stoppen, im Wege stehen. Die Bevölkerung Papuas und Umweltorganisation weltweit begrüßen das Verbot, nach dem Holz nur innerhalb Papuas genutzt werden darf. Andere denken da anders, zum Beispiel machen sich Präsident Susilo Bambang Yudhoyono und Vizepräsident Jusuf Kalla dafür stark, dass das Verbot gelockert wird. Am 17.März 2008 schickten sie Suebu gleich vierzig ausländische Investoren auf den Hals. Diese haben wohl weniger theoretische Bedenken wegen nationaler Identitätsfragen als wirtschaftliche Interessen. Neben der Holzindustrie sind das vor allem Unternehmen, die in Papier und in Agrotreibstoffe aus Palmöl, Sago und Jatropha investieren wollen. Mehr als 500 Mio. US $ werden derzeit verhandelt, und Papua soll für die geplanten Plantagen 9 Millionen Hektar bereitstellen. Damit wäre der Wald endgültig weg.

Bas Suebu will ein bisschen Wald retten, und falls das unmöglich ist, dann vielleicht wenigstens seinen guten Ruf. Er setzt auf ein Finanzierungmodell für den Erhalt von Wald mit Emissionszertifikaten (REDD, Reduced Emissions from Deforestation and Degradation), welches bei der Weltklimakonferenz COP 13 vorgestellt worden ist. Ein halbes Jahr vor der COP 13, Ende April 2007, hat er mit der Weltbank ausgehandelt, eine halbe Million Hektar von den 9,3 Millionen Hektar Konversionswald in einem von der Weltbank finanzierten Projekt zu schützen. Kaum war der Beschluss bekannt, begann ein neuer Ansturm auf Papuas Wälder. Der Besitz von Wald zum Schutz des Klimas könnte für Unternehmen lukrativ sein. Eine Reihe von Bupati (Distriktvorsteher) erhielten Besuch von Emissionshändlern, und etliche Verträge sind mittlerweile abgeschlossen worden.

(zur Weltklimakonferenz COP 13 in Bali: http://www.watchindonesia.org/II_1_08/Bali.htm; eine Analyse der Rolle Papuas beim REDD-Modell: http://www.watchindonesia.org/CarbonDealers.htm)

Für sein Engagement ist Barnabas Suebu im Oktober 2007, bevor noch ein einziger Baum gerettet werden konnte, von The Times der Titel „Held der Umwelt“ verliehen worden. Mitpreisträger sind Prinz Charles, Al Gore, Michail Gorbatschow und Angela Merkel. Seither raufen sich Holzkonzerne mit Plantagenunternehmen und Emissionshändlern um Papuas Wald, und der Bevölkerung bleibt wohl nur „Mati tra bisa, hidop tra mau”. <>
 
 

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